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31.05.2024

15.09.2016

Agenturrabatt auf Online-Werbeanzeigen? Ich meine: nein!

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Die AE-Provison (Annoncen-Expedition-Provision) wird umgangssprachlich oft auch als Agenturprovision oder Agenturrabatt bezeichnet und hat ihren Ursprung in der Anfangszeit der Werbung (Zeitungen, Radio, Fernsehen). Schaffte es eine Agentur einen Anzeigeplatz an einen Interessenten zu vermitteln, dann erhielt sie als Vergütung einen festen Prozentsatz des Auftragsvolumens, die sogenannte AE-Provision. Diese liegt in der Regel bei 10-15 Prozent und wird der Agentur vom Anzeigenmedium gewährt.

Regelmäßig führt die Diskussion um AE-Provisionen zu Spannungen zwischen Medien und Agenturen - der Anzeigenkunde weiß davon oft gar nichts. Daher möchte ich hier die vorgebrachten Argumente vorstellen und diskutieren.

Vermeintliche Argumente von Werbeagenturen für eine AE-Provision:

  1. Die Agentur aquiriert Anzeigen für Medien
    In der Laborbranche gibt es vielleicht 10 etablierte Online- und Printmedien, die der Kunde in der Regel auch selbst kennt. Teilweise aquiriere ich selbst Anzeigen beim Kunden, der uns dann die Daten von seiner Agentur schicken lässt, die dann dafür eine AE beansprucht. Die Frage ist wofür?
  2. Die Agentur erstellt die Anzeigen für den Kunden
    Das mag für Printmedien gelten, die oft spezielle Formate brauchen, die nur mit sehr teuren Spezialprogrammen und speziellen Kenntnissen erstellt werden können. Im Internet brauche ich in der Regel nur einen unformatierten Anzeigentext (Word-Datei) und Produktbilder (die der Kunde sowieso auf seiner Homepage hat), um die Anzeige im passenden Layout zu erstellen. Welche Berechtigung hat in diesem Fall eine Provision für die Agentur? Eigentlich keine!
  3. Die Agentur trägt das Ausfallrisiko bei Zahlungsausfall des Kunden
    Richtig ist, dass die Rechnungsstellung zwischen Medium und Agentur erfolgt. Ob nun aber das Ausfallrisiko bei der Agentur geringer als beim Kunden ist, wage ich zu bezweifeln, da viele Unternehmen der Laborbranche weitaus länger existieren als die Werbeagenturen. Faktisch dauert die Bezahlung von Rechnungen oft sogar länger, "weil man diese ja erst bezahlen könne, wenn man sein Geld vom Anzeigenkunde bekommen habe". Was habe ich als Medium davon? Wenig bis nichts!
  4. Die Agentur muss von der AE leben
    In der Regel liegt der AE-Anteil am Agenturumsatz im niedrigen einstelligen Bereich. Vielmehr nimmt man diesen gerne zusätzlich zum Honorar, das der Kunde sowieso zahlt, mit. Daher ist das für mich kein Argument!
  5. Bei festem AE-Satz sind keine Preisverhandlungen nötig
    Das wäre in der Tat zeitsparend, wenn manche Agenturen nicht immer noch zusätzliche Rabatte fordern oder einzelne Medien gegeneinander ausspielen würden ...

Lösungsmöglichkeiten:

An vielen Stellen lese ich, dass ein Verlag bzw. ein Medium wie ANALYTIK NEWS "einfach die 15 Prozent auf den Anzeigenpreis aufschlagen solle", wenn es der Agentur die 15% Rabatt nicht gewähren will. Das klingt aus Sicht des Mediums und der Werbeagentur plausibel, denn beide kommen an ihre gewünschte Bezahlung. Aus meiner Sicht ist das aber Betrug am Anzeigenkunden, da er dann die Zeche zahlt!

Ich empfehle unseren Kunden daher eher, Anzeigenaufträge ohne Agenturen abzuwickeln. Leider ist das nicht immer möglich, weil sich Firmen teilweise exklusiv an Agenturen binden, was aus den genannten Gründen problematisch werden kann. Wir brauchen in der Regel keine besonders vorbereiteten Daten und wenn doch, dann sollte der Anzeigenkunde diese selbst bei seiner Agentur beauftragen und bezahlen.

Aus meiner Sicht ist es für einen Laborgerätehersteller sinnvoller, das Geld in die Verbesserung der eigenen Webseite (Stichwort: Suchmaschinenoptimierung), professionelle Produktbilder/-videos oder bessere Werbetexte zu stecken - da kommen dann die Werbeagenturen mit anderen Dienstleistungen wieder zum Zuge und es gibt kein böses Blut ...

Autor:  

Dr. Torsten Beyer

Dr. Torsten Beyer


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Sebastian Weber01.11.2016 um 09:27:09

Sehr geehrter Herr Dr. Beyer,

bei einer Recherche zum Thema Agenturrabatt bin ich zufällig auf Ihren Blogbeitrag gestoßen. Aus meiner Sicht ein Artikel mit sehr einseitiger Sichtweise und inhaltlich teilweise leider auch falsch. Ich möchte Ihnen kurz erläutern, wie man auf das Thema Agenturrabatt auch blicken kann.

Ich selbst arbeite seit vielen Jahren als Mediaeinkäufer in Agenturen und kenne daher die "andere Seite" sehr gut. Daher habe ich auch einen sehr guten Marktüberblick und auch Zugriff auf große Mediadatenbanken.

Zuerst einmal irritiert mich Ihre Aussage "In der Laborbranche gibt es vielleicht 10 etablierte Online- und Printmedien, die der Kunde in der Regel auch selbst kennt. " Laut Ihrer Webseite sind Sie seit 1998, also seit gut 18 Jahren am Markt aktiv. Wie kann es da sein, dass Sie in Ihrer Branche nur 10 Print- und Online-Medien kennen. Laut meinen Informationen und auf Basis von Mediadatenbanken gibt es weltweit mehr als 700 Print- und Online Medien nur für die Branchen Chemie, Pharma, Labortechnik und Biotechnologie. In der Regel ist diese Vielzahl kaum einem Kunden bekannt. Sie selbst sind hier ja der beste Beweis. Und genau deshalb braucht es erfahrene Agenturen, die Werbekunden dabei unterstützen, die passenden Medien für die jeweiligen Marketingziele zu finden und zu identifizieren.

Ihre weitere Aussage "Die Agentur erstellt die Anzeigen für den Kunden": Das mag für Printmedien gelten, die oft spezielle Formate brauchen, die nur mit sehr teuren Spezialprogrammen und speziellen Kenntnissen erstellt werden können." erscheint mir auch stark von Ihrer eigenen Perspektive geprägt zu sein. Auch für gut gemachte Online Werbung benötigt man viel Erfahrung und die richtigen Programme. Dies gilt z.B. gerade auch für Bannerwerbung. Denn der Erfolg der Bannerwerbung hängt ja nun einmal maßgeblich von der Gestaltung der Banner ab. Und hier ist schnell erkennbar, ob ein Banner von einem Online Profi oder einem Laien erstellt wurde.

Ihre Frage "Welche Berechtigung hat in diesem Fall eine Provision für die Agentur?" lässt sich aus meiner Sicht ganz einfach beantworten: Die Agenturprovision ist eine "Belohnung" für die Agentur, dass Ihnen als Anzeigemedium ein Auftrag vermittelt wurde. Und genau dafür wurde die Agenturprovision ja ursprünglich auch eingeführt. Die Agentur übernimmt in diesem Fall ja die Aufgabe eines Verkäufers. Und dem würden Sie ja hoffentlich auch eine Provision bezahlen.

Die Agenturprovision ist auf keinen Fall dafür gedacht, dass die Agentur dafür Kreativleistung erbringt und Werbung erstellt. Gerade bei Ihren Anzeigenpreisen könnte eine Agentur dafür ja auch kaum Leistung erbringen. Wenn ich mir z.B. Ihren Anzeigenpreis von 199 EUR für eine Produktanzeige ansehe, dann würde eine Agentur bei 15% Agenturprovision einen Nachlass von 29,85 EUR erhalten. Was für eine Leistung zur Erstellung von Anzeigen kann eine Agentur denn für 29,85 EUR wohl erbringen?

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Weber


Dr. Torsten Beyer01.11.2016 um 11:15:24

Hallo Herr Weber,

vielen Dank für Ihren Beitrag, ich hatte schon viel eher mit Widerspruch gerechnet!

Wir betrachten die Medaille ja von 2 Seiten und werden daher sicher nie einer Meinung sein. Mein Beitrag war auch bewusst etwas provokativ geschrieben aufgrund vieler negativer Erfahrungen mit Agenturen, die ich in meinem Blogbeitrag kurz skizziert hatte.

Zu Ihren Einwänden:
Die Zahl 10 bezog sich auf deutschsprachige Medien und auch nicht auf Bannerwerbung, sondern es ging mir um Werbung für Laborprodukte in Form von Anzeigen in unserer entsprechenden Rubrik sowie um branchenspezifische E-Mail-Newsletter. Das habe ich nicht klar genug formuliert, aber das ist aus meiner Sicht eine sehr überschaubare Zahl.

Bannerwerbung spielt heute aus meiner Sicht im B2B-Bereich auch nur noch eine untergeordnete Rolle und das nicht nur wegen Bannerblindness oder Adblockern, sondern auch wegen aggressiven Formen (z.B. PopUps, Overlay), die wir noch nie auf unseren Seiten akzeptiert haben. Hier haben Sie natürlich recht, das muss von Profis gestaltet werden und bezahlen muss es aus meiner Sicht der Anzeigenkunde und nicht das Medium.

Wir geben Mengenrabatte bei größeren Aufträgen und wenn Sie das dann Agenturrabatt nennen wollen, O.K. Nur gibt es Kollegen von Ihnen, die gleich von vorne herein 15% + X fordern, was eigentlich nicht der ursprüngliche Sinn der Agenturprovision ist.

Insgesamt sind wir also gar nicht so weit auseinander ...


anonym01.11.2016 um 16:28:47

Sehr geehrter Herr Dr. Beyer,

vielen Dank für Ihre weiteren Ausführungen, so dass mir jetzt einige Aspekte Ihres Beitrags klarer sind.

Nicht zustimmen kann ich Ihnen aber weiterhin zu Ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der Agenturprovision für die Vermittlung eines Anzeigenkunden. Wie sie ja selbst in der Einleitung Ihres Blogs schreiben, wurde die AE-Provision ja genau für diesen Zweck ins Leben gerufen. Sie ist eben eine Art "Belohnung" der Agentur für die Vermittlung eines Kunden oder einer neuen Anzeige.

Nun mögen Sie zwar argumentieren, die Kunden sollten die Werbemedien selbst kennen. Aber Sie wissen ja gar nicht, warum eine Agentur sie anspricht. Erfolgt diese Ansprache immer nur auf Anweisung des Werbekunden, oder hat die Agentur Ihr Medium dem Kunden vorgeschlagen. Letztendlich spielt es aus meiner Sicht auch keine Rolle. Fakt ist, Sie erhalten durch Agenturen Aufträge. Und da gehört es sich, diese Leistung auch zu bezahlen. Stellen Sie sich doch einmal die Frage, warum sich eine Agentur beim Kunden für Ihr Medium stark machen und engagieren soll, wenn Sie als Werbemedium diesen Einsatz nicht in Form einer Provision honorieren möchten. Dann empfehle ich doch als Agentur lieber die Medien, die mich für meine Leistung auch vergüten.

Schließlich sparen Sie sich ja auch Aufwand in der Kundenakquise, wenn Ihnen die Agentur Aufträge vermittelt. Im Sinne eines guten Miteinanders zwischen Agenturen und Werbemedien macht die AE-Provision für alle Beteiligten nach wie vor Sinn.

Mit freundlichen Grüßen,

Sebastian Weber


Dr. Torsten Beyer01.11.2016 um 17:04:28

Wenn das denn so wäre wie sie schreiben, würde ich es vielleicht unterschreiben. Unsere Erfahrungen mit Agenturen, die noch auf die Provision bestanden (die meisten machen das ja heute zum Glück gar nicht mehr), waren fast durchweg negativ, weswegen wir das ganze abgeschafft haben.

Etwas provokativ könnte ich auch sagen, dass eine Agentur dem Kunden die besten Optionen empfehlen sollte und nicht die, bei der sie am meisten Rabatt (für sich) aushandeln kann.

Zum Glück läuft bei unseren Kunden, die hauptsächlich mittelständig oder Kleinbetriebe sind, das meiste in der direkten Kommunikation mit dem Kunden ab. Wir haben bisher noch keinen Auftrag verloren, weil wir die Provision gestrichen haben. Wir kommunizieren das Agenturen auch immer ganz klar beim ersten Kontakt.


anonym03.09.2018 um 11:05:49

Hallo,

ich habe noch eine Frage dazu, da wir als Medium auch eher denken: Wozu die AE?

Das Unternehmen hat doch eine Agentur angestellt und bezahlt diese auch für ihre Dienste. Die Agentur verdient also bereits Geld für die Aufgaben wie Bannererstellung, Medien finden, Betreuung usw.

Oft fragen die Agenturen erst allgemein einen Preis für den Kunden an. Es wird dann ein Angebot unter Umständen mit entsprechenden Rabatten erstellt. Die meisten Agenturen kommen erst danach und fragen nach der AE. Wollen also doppelte Rabatte.

Unter dem Strich bringt es mir nichts, dass die Agentur den Kunden gebracht hat, da ich an ihm durch die doppelten Rabatte nichts verdiene. Also muss ich beim nächsten mal kein Rabatt für den Kunden geben, sondern nur die AE.

Ein verrücktes Spiel.


Dr. Torsten Beyer05.09.2018 um 10:14:43

Jeder nimmt nun mal gerne alles mit, was er bekommen kann. Im dreistesten mir bekannten Fall bot eine Agentur einem unserer Kunden den doppelten (Listen)Preis für eine Stellenanzeige an und wollte von uns dann noch Rabatt und AE obendrauf.

Daher gilt bei uns generell: nein! Wobei die AE ursprünglich ja für Vermittlung, komplette Abwicklung und Anzeigenerstellung im Printbereich eine gewisse Rechtfertigung hatte. Nur erstellen wir Anzeigen in der Regel selbst und die technische Abwicklung und die Bezahlung der Rechnungen klappt oft schlechter als bei direkter Kommunikation mit dem Kunden.

In der täglichen Praxis fragt nur noch ein kleiner Teil der Agenturen danach und ein "nein" wird fast immer auch akzeptiert. Oder gibt es andere Erfahrungen / Meinungen?


anonym24.09.2018 um 12:51:51

Falls der Aufwand, ob der Kunde oder eine Agentur eine Werbung erstellt, bei der Agentur kleiner ist und mehr Erfolg bedeutet, so sollte der Kunde der Agentur in der Summe mehr Geld zahlen als der Listenpreis des Mediums aufzeigt. Schliesslich entfällt beim Kunden Arbeitszeit, den Banner zu gestalten und sich um z.B. Trackingdetails zu kümmern.

Ob eine Agentur mit "Werbefachleuten" z.B. tatsächlich 700 Online-Medien im Laborbereich kennt/kennen sollte, wage ich zu bezweifeln. Hier sind sogar eher Verluste zu erwarten, weil Leute in Versuchung sind, 100 mal billiges Zeug zu buchen (z.B. 100 Duplicate-Content Advertorials) auf Seiten, die kein Chemiker nutzt, als 1000 EUR in eine funktionierende Banneranzeige auf einem thematisch passenden Medium zu stecken. Insofern: nein, man muss keine 700 Online-Medien kennen, da 670 davon gar nicht genutzt werden.

Aber das Kuriosum ist, dass auch bei etlichen Laborgeräteherstellern "Nichtchemiefachleute" das Marketing koordinieren, die dann mehrheitlich das Gewohnte buchen. Oder in Google "Chemie" eintippen statt etwas Gerätespezifischem und dann zum Marktführer gelangen.

Wenn es tatsächlich eine Agentur mit Chemikern gibt, die entscheiden können, welche Medien für Kampagnen in sinnvoller Weise genutzt werden, so wäre das effektiv ein Mehrgewinn. Sowas existiert aber nicht.




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