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26.04.2024
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Charakterisierung der wertgebenden Inhaltsstoffe von Apfelsaft aus rotfleischigen Äpfeln und Entwicklung innovativer Fruchtsäfte

Knebel, Thomas - Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (2016)


Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Anthocyanprofile roter Apfelsäfte aus 32 verschiedenen rotfleischigen Apfelsorten und -züchtungen und 75 verschiedenen Nachkommen einer Kreuzungspopulation aus der rotfleischigen Sorte "Pomfital" und der weißfleischigen Sorte "Wellant" jeweils in drei Ernteperioden bestimmt. In allen untersuchten Sorten, Züchtungen und Kreuzungen stellte Cyanidin-3-galactosid (Cy-3-gal) die Hauptkomponente dar. Als Nebenkomponenten wurden Cy-3-gluc, Cy-3-ara, Carb-pyr-cy-3-gal, Carb-pyr-cy-3-gluc, Carb-pyr-cy-3-pen, Cy-7-ara, Cy-3-xyl und weitere unbekannte Anthocyane nachgewiesen. Die Nebenkomponente 5-Carb-pyr-cy-3-gal konnte in jedem Saft nachgewiesen werden und entstand nicht erst während der Lagerung. Bei der Sorte "Weirouge" konnten insgesamt neun, bei der Züchtung "Maggy" zehn und bei der Kreuzung "3-17" acht verschiedene Anthocyane nachgewiesen werden.

Analysen des TEAC -und Gesamtphenolgehalts zeigten, dass rote Apfelsäfte der bisher bekannten Sorten und Züchtungen größere antioxidative Eigenschaften und einen höheren Säuregehalt aufweisen als handelsübliche Apfelsäfte und Mostapfelsäfte. Die Schwankungen der Sorbitgehalte von 2 bis 8 g/L und die Mineralstoffgehalte der Säfte aus den weißfleischigen Sorten "Rheinischer Bohnapfel", "Topaz", "Gala" und "Boskoop" lagen in derselben Größenordung wie die bei den untersuchten roten Apfelsäften.

Bei der Untersuchung der Anthocyanverteilung in der Schale, und des Anthocyangehalts im Fruchtfleisch und den Kernen ergaben sich Unterschiede in der Homogenität der Verteilung und Schwankungen des Anthocyangehalts sowohl zwischen den Sorten, als auch innerhalb einer Sorte. Bei der Sorte "Pomfital" war der Anthocyangehalt aufgrund des kleinen Durchmessers und des relativ dazu geringeren Fruchtfleischanteils sehr hoch und der Gesamtanthocyangehalt bezogen auf die Gesamtfrucht sank im Verlauf der Reifung. Im letzten Monat vor der Vollreife wurde ein konstanter Anthocyangehalt der Früchte beobachtet. Ein späterer Erntetermin bringt somit einen niedrigeren Säuregehalt verbunden mit einem geringeren Anthocyangehalt im Saft mit sich. Bei der Verarbeitung der rotfleischigen Äpfel zu den Produkten naturtrüber Saft, Saftkonzentrat, Apfelwein, Apfelschaumwein und Pürees sowie Smoothies läßt sich festhalten, dass die größten Verluste an Anthocyanen bei der Zerkleinerung der Äpfel durch Mahlen und dem anschließenden Pressen auftraten. Weitere Verluste entstanden bei Prozessschritten mit Hitzeeinwirkung, wie der Pasteurisation und der Konzentratherstellung. Demgegenüber waren die Verluste bei der Smoothie -und Püreeherstellung, sowie bei der Herstellung von naturtrübem Apfelsaft geringer.

Die Analysen zeigten, dass der rote Apfelsaft aus den bisher verfügbaren Sorten bzw. Züchtungen, "Maggy", "Mary" und "Baya Marisa" die besten Eigenschaften bezüglich eines hohen Anthocyangehaltes von über 20 mg/L, eines niedrigen Säuregehalts von weniger als 10 g/L Gesamtsäure und eines hohen Zuckergehaltes von über 120 g/L aufwiesen. Die Säfte der Sorten "Pomfital", "Dolgo" und der Züchtung "Anna" wiesen zudem die höchste antioxidative Kapazität und den höchsten Gesamtphenolgehalt aller untersuchten rotfleischigen Sorten auf. Dabei übertrafen die antioxidativen Eigenschaften der Säfte die der Mostapfelsorte "Rheinischer Bohnapfel" und anderer untersuchter weißfleischiger Sorten. Zur Generierung neuer rotfleischiger Apfelsorten mit einem höheren Anthocyangehalt, einem niedrigen Säuregehalt und einem hohen Zuckergehalt wurde eine Kreuzungspopulation aus der rotfleischigen Sorte "Pomfital" und der weißfleischigen Sorte "Wellant" analysiert. Die Ergebnisse ergaben nicht nur höhere Anthocyangehalte im Vergleich zur rotfleischigen Elternsorte, sondern auch verbesserte Aromaeigenschaften.

Um den Einfluss des Klimas auf den Anthocyangehalt zu untersuchen, wurden rotfleischige Apfelsorten der Anbaugebiete Edingen/Heidelberg und Geisenheim untersucht. Anhand der Züchtung "Maggy" zeigte sich, dass höhere Durchschnitts -und Maximaltemperaturen in Geisenheim zu einem bis zu 4-fach höheren Anthocyangehalt führten.

Die Analyse der Aromastoffe umfasste Untersuchungen mittels GC-MS nach Wasserdampfdestillation und SAFE-Extraktion sowie HS-GC-MS-Messungen. Im Gegensatz zu den bisher verfügbaren rotfleischigen Apfelsorten wiesen die Kreuzungen einen hohen Estergehalt auf. Zudem zeigen die Ergebnisse einige nur in rotfleischigen Äpfeln nachgewiesene Aromakomponenten, wie das 4-Methoxyphenylpropanol.

Als Ergänzung zu den chemischen Vollanalysen wurden die sensorischen Eigenschaften von 32 roten Apfelsäften untersucht und mit 4 Apfelsäften aus weißfleischigen Äpfeln verglichen. Die Züchtungen und Sorten "Anna", "Maggy" und "Weirouge" aus Edingen (Obstbau Schneider), "A1-33-04-KL", "A4-01-KL" aus Geisenheim und "Baya Marisa" angebaut in Geisenheim, in den Jahren 2011 bis 2013, konnten die Prüfer von allen roten Apfelsäften am meisten überzeugen. Am beliebtesten war jedoch eine Fruchtsaftmischung aus 25 % Saft der weißfleischigen Sorte "Gala" und 75 % der rotfleischigen Sorte "Weirouge", die bezüglich des Farbtons bzw. Farbintensität, Aroma und Zucker/Säureverhältnis am besten bewertet wurde.

Abschließend wurden Lagerversuche von rotem naturtrübem Apfelsaft der Züchtung "Maggy" durchgeführt, um die Farbstabilität des roten Apfelsaftes bei verschiedenen Lagertemperaturen zu untersuchen. Insgesamt ergaben die Analysen, dass der Abbau der Anthocyane im roten Apfelsaft näherungsweise einer Reaktion 1. Ordnung folgt und die Anthocyane eine geringere Stabilität als in Schwarzer-Johannisbeersäften, Holunderbeer -oder Aroniasaft aufweisen. Jedoch zeigte sich eine höhere Stabilität der Anthocyane in rotem Apfelsaft als in Blutorangensaft. Aus diesem Grund muss roter Apfelsaft aus der Züchtung "Maggy" bei möglichst niedrigen Temperaturen gelagert werden und idealerweise nicht länger als 9 Monate in Glasflaschen. Um die Lagerdauer verlängern zu können, wurden rotfleischige Sorten im Institut für Obstbau der Hochschule Geisenheim entwickelt, die einen höheren Anthocyangehalt aufweisen, was einen höheren Anthocyangehalt im Saft mit sich bringt. Diese Neuzüchtungen und Selektionen müssten allerdings zunächst in größeren Mengen zur Verfügung stehen und entsprechende Lagerversuche der Säfte müssten durchgeführt werden, um Aussagen über eine längere Lagerfähigkeit machen zu können. Generell ist roter Apfelsaft ein attraktiver Fruchtsaft, der zu einer Bereicherung der Produktvielfalt in der Fruchtsaftindustrie beitragen könnte.


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