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26.04.2024
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Auswirkungen des Einsatzes von Zellulose als Filterhilfsmittel in der Bierfiltration

Braun, Frank Hermann - Technische Universität München (2012)


Hauptziel des Projekts war, die Entwicklung einer kieselgurfreien Filtertechnologie für kleine und mittlere Brauereien voranzubringen. Die durch Gesundheitsrisiko und Entsorgungskosten in Mißkredit geratene Kieselgur soll durch ein regenerierbares Filterhilfsmittel auf Zellulosebasis ersetzt werden. Der Ablauf soll vergleichbar sein zur weitverbreiteten Anschwemmfiltration mit Kieselgur. In diesem Fall können vorhandene Anlagen weitergenutzt und die gewohnte unkomplizierte Handhabung auch bei häufigen Sortenwechseln beibehalten werden, so daß auch der Mittelstand mit großem Sorten-spektrum eine wirtschaftliche und nachhaltige Alternative zur Kieselgur- bzw. Querstrommembranfiltration erhält.

Zellulose ist ein nachwachsender, nahezu unerschöpflicher Rohstoff. Die für die Getränkeindustrie relevanten Zellulosefasern werden aus Buchenholz gewonnen. Sie sind in hochreiner und aufbereiteter Form geschmacksneutral und eignen sich zur Anschwemmung.

Im Sinne der Vereinfachung von Forschung und Entwicklung zu diesem Thema wurde eine neue Labormethode zur systematischen Filterhilfsmittelbewertung benötigt. Nach einer Analyse der Verwendbarkeit der in der Literatur beschriebenen Methoden zur Untersuchung der Filtrierbarkeit des Bieres bzw. von Filterhilfsmitteln zeigte der Filtrierbarkeitstest nach RAIBLE günstige Voraussetzungen. Nach Eignungs- und Anpassungsversuchen wurde die Apparatur entsprechend umgebaut. Als Ergebnis zahlreicher Versuche wurde eine Testmethode entwickelt. Der neu beschriebene Filterhilfsmitteltest wurde anhand zahlreicher Untersuchungen erprobt. Er eignet sich als günstige und einfache Alternative zu Pilotversuchen, vor allem bei der Untersuchung von Variationen der Filterhilfsmittelzusammensetzung oder auch anderer Filtrationsparameter. Das Wissen über die Anschwemmfiltration mit Zellulosefasern konnte deutlich erweitert werden. Für Versuchsfiltrationen im Pilotmaßstab standen zwei Anlagen zur Verfügung: ein Horizontalfilter ohne bewegte Einbauten und ein Kerzenfilter. Ein Filtrierverfahren für beide Filteranlagen, mit Zellulosefasern als Filterhilfsmittel, einschließlich Filterreinigung und Filterhilfsmittelregeneration wurde erarbeitet bzw. adaptiert, beschrieben sowie in über 100 Filtrierversuchen angewendet und untersucht. Das Verfahren an sich ist auf jedem gängigen Anschwemmfilter einsetzbar, der über genügend Raum zur Kuchenbildung und die zur Aufbewahrung und Aufbereitung der Filterhilfsmittelsuspension erforderlichen Gefäße verfügt.

Die Retention der bei dieser Technologie kritischen vorwärtsstreuenden Partikel wurde anhand der Variation der Zusammensetzung des Zellulosefilterhilfsmittels optimiert. Fasermischungen mit einem Anteil von 20 % fibrillierten Fasern an der Trockensubstanz zeigten hier die besten Ergebnisse. Die Vorwärtsstreuung (25°) reinen Zellulosefiltrats konnte gegenüber früheren Arbeiten erheblich verbessert werden, blieb aber stets > 1,5 EBC. Für glanzfeines Zellulosefiltrat wäre ein weiterer Filtrationsschritt bzw. die schon früher beschriebene zweistufige Zellulosefiltration notwendig. Die erzielbare Trübung des Filtrats entsprach seitlich (90°) gemessen mit < 1,0 EBC der Definition für glanzfeines Bier. Das Filterhilfsmittel ist vollständig regenerierbar. Die mehrfache Regeneration der Zellulosefilterhilfsmittel führt zu einer schärferen Filtration, die mit einer schneller ansteigenden Druckdifferenz einhergeht. Dadurch wird die Standzeit verkürzt. Druckstöße lassen zwar Trübungsspitzen in das Filtrat gelangen, führen aber nicht zu vorzeitigen Filtrationsabbrüchen und verkürzen die Standzeit nicht. Diese Toleranz ist ein wesentlicher Vorteil der zellulosebasierten Filterhilfsmittel. Die Filtration kann durch Einsatz von Kieselsol in der Bierbereitung, vor allem bei der Lagerung, ent-lastet werden. Die mit Kieselsol als zusätzliches Filterhilfsmittel unterstützte Zellulosefiltration wurde erstmals erprobt. Die Ergebnisse sind positiv: Eine Zugabe von 6 g hL-1 Kieselsol zur laufenden Dosage erhöht zwar die Druckdifferenz, führt aber zu deutlich schärferer Filtration, d.h. erheblich reduzierter Filtrattrübung.

Die filtrierten Biere sind sensorisch kieselgurfiltrierten Vergleichsbieren ebenbürtig. Die Bieranalysen und -verkostungen zeigen nur wenige Unterschiede. Ein bedeutender Vorteil der zellulosebasierten Filterhilfsmittel ist die weitgehende Abwesenheit von Eisen und Aluminium. Im Zellulosefiltrat sind anders als bei Kieselgur keine erhöhten Metallionenkonzentrationen zu finden, deren Vorhandensein vor allem die Geschmacksstabilität beeinträchtigt. Auch die zusätzliche Dosage von Kieselsol führt zu keiner meßbaren Änderung. Auf dem beschriebenen Stand ist das Verfahren der Zellulosefiltration auch im Maßstab des Mittelstands kostendeckend. Die ökologische Bewertung fällt angesichts des nachwachsenden Rohstoffs, dessen Wiederverwendung und umweltfreundlicher Entsorgungsmöglichkeiten sehr positiv aus. Die Technologie ist konform mit dem Deutschen Reinheitsgebot und mit nationalen, internationalen und den meisten verbandsinternen Richtlinien zur Biobierherstellung. Abgesehen von den Richtlinien der Bioverbände gilt dies auch für den Einsatz von Kieselsol. Zur weiteren Verbesserung der Technologie ist eine schärfere Raumsiebwirkung erforderlich. Dabei ist die Neigung der kompressiblen Kuchen zur Verblockung eine wesentliche Herausforderung. Eine Möglichkeit wäre, ein weiteres gemeinsam mit Zellulose regenerierbares Hilfsmittel zu finden, das die Kuchen mechanisch stabilisiert, ohne die Permeabilität deutlich zu senken. Ein anderer Weg könnte in der Ausnutzung der weitgehenden Adsorption kleiner Partikel durch die Zellulosefiltration liegen. In diesem Fall müssten die hier verblockend wirkenden gröberen Trubteile in einem vorgelagerten Schritt abgetrennt werden.


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