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24.04.2024
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Charakterisierung des Ionentransportes in neuen Li-Elektrolyten und Untersuchung der Auswirkungen auf die elektrochemischen Eigenschaften

Wohde, Fabian - Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main (2016)


Im ersten Teil dieser Arbeit wird der Einfluss von Sulfonat-basierten Zwitterionen (ZI) in binären Mischungen, bestehend aus der ionischen Flüssigkeit (IL) 1-Butyl-1-methylpyrrolidinium bis(trifluoromethylsulfonyl)imid (BMP-TFSI) und dem Lithiumsalz Lithium bis(trifluoromethylsulfonyl)imid (Li-TFSI), untersucht. Thermische und elektrochemische Eigenschaften werden mit einer Methodenkombination aus DSC-, Leitfähigkeits-, Viskositätsmessungen, PFG-NMR sowie Cyclovoltammetrie untersucht. Zusätzlich wird die chemische Umgebung von Li+ und TFSI- in den Mischungen mittels 7Li-NMR- und Raman-Spektroskopie aufgeklärt.

Es zeigt sich, dass die Zugabe von Zwitterionen zu einer Reduzierung der Kristallisationsneigung führt und zudem eine deutliche Änderung der chemischen Li+-Ionenumgebung induziert. Der Nachweis stabiler Li+/ZI-Komplexe unter Freisetzung von TFSI--Anionen wird erbracht. Ein modifizierter Walden-Plot weist auf signifikante Unterschiede in den Transporteigenschaften der Elektrolyte hin. Hierin zeigt der Vergleich experimenteller Daten mit neu definierten Referenzlinien ein klassisches Flüssigkeitsverhalten bei hohen Temperaturen. Bei niedrigeren Temperaturen zeigt sich für die ternären Mischungen mit einem hohen Zwitterionenanteil eine dynamische Entkopplung von Ionenleitfähigkeit und Viskosität. Dieses Phänomen kann auf das Vorhandensein schneller sowie langsamer Spezies in den ternären Mischungen zurückgeführt werden, was durch die PFG-NMR-Daten gestützt wird.

Der Vergleich der Li- und TFSI-Diffusionskoeffizienten untermauert die Existenz von schnelleren TFSI--Anionen im Vergleich zu langsameren Li+/ZI-Komplexen. Die Viskosität wird im Wesentlichen durch diese langsamste Spezies beeinflusst. Die kathodische Verschiebung von Li+-Reduktionspotentialen geht auf die stärkere Li+/Zi-Bindung über die Sulfonat-Kopfgruppe zurück, was neben der geringeren Diffusionsfähigkeit deren Verwendung in Lithiumionenbatterien zusätzlich einschränkt. In zukünftigen Studien sollten daher ZI getestet werden, deren anionische Kopfgruppe eine geringere Li+-Affinität besitzt.

Im zweiten Teil werden Li+-Transferzahlen in verschiedenen Flüssigelektrolyten mittels Tieffrequenz-Impedanzspektroskopie (VLF-IS) elektrochemisch quantifiziert. Die VLF-IS-Experimente werden für jeden Elektrolyten bei variablen Elektrodenabständen ausgeführt, wozu eine symmetrische Li | Elektrolyt | Li-Zelle entwickelt wird. Diese erlaubt eine eindeutige Unterscheidung zwischen den verschiedenen Beiträgen zur Zellimpedanz, insbesondere die Messung des Li+-Diffusionswiderstands. Die Kausalität unserer Impedanzspektren wird mittels Kramers-Kronig-Transformationen überprüft und somit können instationäre Zustände in der Messzelle ausgeschlossen werden. Die erhaltenden Impedanzspektren werden mittels eines Äquivalentschaltkreises gefittet, welcher ein Warburg-short-Element enthält.

Die VLF-IS-Methode wird auf drei unterschiedliche Elektrolyte angewendet:

  • Der Carbonat-basierte Referenzelektrolyt LP30 mit 1 mol/L Li-PF6 gelöst in EC/DMC (1:1 wt. %).
  • Eine äquimolare Mischung aus Tetraglyme (G4) und Li-TFSI.
  • Eine binäre Mischung aus BMP-TFSI und Li-TFSI.

Die Resultate werden mit Li+-Transportzahlen verglichen, welche in der Literatur mittels PFG-NMR bestimmt wurden. Es wird ein deutlicher Unterschied zwischen den jeweiligen Transport- und Transferzahlen festgestellt.

Um diese Diskrepanzen zu erklären, wenden wir die Onsager-Beziehungen auf Migrations- und Diffusionsflüsse in der Zelle an. Wir zeigen, dass starke ionische Wechselwirkungen zu einer stark korrelierten Bewegung von Kationen und Anionen in dieselbe Richtung führen. Darüber hinaus unterstreichen wir die Einhaltung eines optimalen Zeitintervalls zur Messung des Initialstrom in der potentiostatischen Polarisations-(PP)-Methode, welche in der Literatur häufig zur elektrochemischen Bestimmung von Transferzahlen angewendet wird.

Im dritten Teil werden organische hydrogensulfidische und -selenidische ionische Flüssigkeiten mittels thermogravimetrischer Experimente untersucht. Die Imidazolium-Chalkogenide besitzen eine herausragende Volatilität, die eine quantitative Sublimation unterhalb von 100 °C und bei einem Druck von 10-2 mbar ermöglicht. Eine vergleichbar hohe Volatilität unterhalb der Schmelztemperatur ist nach unserem Kenntnisstand bisher noch nie für aprotische ILs beobachtet worden. Bei höheren Temperaturen setzt eine Zersetzung in die jeweiligen Alkylimidazole und 1-Methyl-3-alkylimidazolchalkogenone ein. Die verlässliche Bestimmung der IL-Verdampfungsenthalpien erfolgt durch isothermale thermogravimetrische Analysen (TGA). Diese experimentell bestimmten Verdampfungsenthalpien bei Atmosphärendruck werden mit DFT-Rechnungen verglichen. Dieser Vergleich zeigt deutlich, dass die Zersetzungsprodukte einfacher in die Gasphase übergehen. Dies verifiziert ebenfalls die Charakterisierung der Kondensationsrückstände. Somit werden theoretische Berechnungen der Zersetzungsprodukte mittels massenspektrometrischer Untersuchungen bestätigt.


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