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25.04.2024
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Mechanismen und Minimierung von Matrixeffekten in der quantitativen Spurenanalytik mit der Elektrospray-Massenspektrometrie

Stahnke, Helen - Technische Universität Berlin (2014)


Das Ziel dieser Arbeit war es Matrixeffekte, die in der Spurenanalytik mit LC-ESI-MS auftreten, grundlegend zu charakterisieren, Rückschlüsse auf ihren Mechanismus zu ziehen und Vorschläge zum Umgang mit diesen Störeffekten für Multianalyt-Methoden abzuleiten. Dazu wurde eine neue Methode zur Quantifizierung von Matrixeffekten bei LC-ESI-MS-Analysen über Matrixeffektprofile eingeführt. Matrixeffektprofile beschreiben das Ausmaß von Ionisierungsstörungen erstmals quantitativ über die gesamte Messzeit chromatographischer Läufe. Neben der konventionellen Messung von Matrixeffekten mit Matrixstandards wurden in dieser Arbeit die Matrixeffektprofile für mehr als 3600 Analyt/Matrix-Kombinationen bei ESI(+) und weitere 590 Analyt/Matrix-Kombinationen bei ESI(-) gemessen. Die Untersuchung der Matrixeffekte erfolgte am Beispiel von Pestizid-Rückständen in Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft, Trink- und Oberflächenwässern.

Die statistische Auswertung der Messdaten ergab im positiven Ionenmodus überraschend ähnliche Matrixeffekte für die Mehrheit der Pestizide. Damit wurde entgegen der lange vorherrschenden Meinung gezeigt, dass Matrixeffekte vorhersagbar sind, weil sie i. d. R. nur von der Retentionszeit und kaum von weiteren Eigenschaften der Analyte abhängig sind. Dieser Befund deckt sich mit einem theoretischen Modell von Enke et al., mit dem in dieser Arbeit der Einfluss koeluierender Matrix auf den ESI-Response von Analyten simuliert wurde. Die weitestgehend alleinige Abhängigkeit der Matrixeffekte von der Retentionszeit wurde mit fünf ESI-Quellen von drei Geräteherstellern bestätigt. Der häufiger vermutete Einfluss der ESI-Quellengeometrie auf Matrixeffekte wurde bei dem Gerätevergleich nicht festgestellt. Durch Messungen an hochauflösenden Massenspektrometern wurden 31 Inhaltsstoffe pflanzlicher Lebensmittel identifiziert, die Matrixeffekte bei der ESI verursachen. Die Stoffeigenschaften der identifizierten Inhaltsstoffe unterscheiden sich zu wenig von denen wichtiger Pestizide, um mit einer speziellen Probenaufarbeitung eine selektive Abtrennung der verantwortlichen Probenmatrix zu erreichen.

Als Alternative zur Verbesserung der Probenaufarbeitung wurde das Verdünnen der Probenendextrakte als Methode zur Minimierung von Matrixeffekten untersucht. Für 156 Analyt/Matrix-Kombinationen wurde der Nutzen verschiedener Verdünnungsfaktoren gemessen. Dabei wurde festgestellt, dass Matrixeffekte mit dem Logarithmus der Matrixkonzentration steigen.

Es wurde eine neue Vorgehensweise abgeleitet, mit der die Anzahl der heute noch durchgeführten aufwendigen Standardadditonen deutlich gesenkt werden könnte. Dazu wird empfohlen alle Probenextrakte vor Injektion in das LC-MS-Gerät zu verdünnen und die SRM-Messmethoden um 3-5 Übergänge für permanent nach der LC-Säule infudierte Referenzverbindungen zu erweitern. Effekte der Matrix auf den Response von Analyten können in vielen Fällen mit Hilfe der Matrixeffektprofile der Referenzverbindungen kompensiert werden. Als Mechanismus der Signalsuppression unterstützen die Ergebnisse der Arbeit stark die Hypothese einer Konkurrenz zwischen Analyt und koeluierender Matrix um Überschussladungen an der Oberfläche der ESI-Tropfen. Andere Hypothesen zum Mechanismus der Matrixeffekte wurden in der Arbeit widerlegt.

Letztlich wurde im Elektrospray ein unterschiedlicher Einfluss der Matrix bei der Erzeugung positiver oder negativer Ionen festgestellt. So wurden z. B. bei negativer Ionisierung Unterschiede in den Matrixeffektprofilen festgestellt und häufiger Signalerhöhungen gemessen als mit ESI(+). Zum Ablauf der negativen Elektrospray-Ionisation und ihrer Störung durch Matrix besteht weiterer Forschungsbedarf.


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