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28.03.2024
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Elektrochemische Darstellung von Tellurpolykationen

Schulz, Christopher Nari - Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (2015)


Durch die bisherigen Synthesemethoden für Tellurpolykationsalze sind die möglichen Gegenionen bisher beschränkt auf Halogenidometallate, Halogenidooxidometallate und Oxidoanionen. In dieser Arbeit sollten durch Elektrolyse in flüssigem Schwefeldioxid und ionischen Flüssigkeiten einerseits neue Anionen eingeführt werden, andererseits auch neue Tellurpolykationen gefunden werden.

In einer Elektrolysezelle mit druckstabilen PTFE-Hähnen diente ein Tellurstab als Anode und ein Graphitstab als Kathode. Alle Reaktionen wurden im potentiostatischen Modus durchgeführt: Hierbei wurde das Tellur zum Polykation oxidiert, während das Anion des Leitsalzes bzw. der ionischen Flüssigkeit gleichzeitig als Gegenion zum gebildeten Tellurcluster fungierte.

Leitsalze mit organischen Kationen, zu denen auch ionische Flüssigkeiten zählen, zeigen eine deutlich bessere Löslichkeit in flüssigem SO2 und damit eine wesentlich höhere Stoffumsetzung in Elektrolysen als entsprechende Alkalimetallsalze. Erstere sind durch Anionenmetathese in Dichlormethan quantitativ aus SO2 letzteren darstellbar. Durch Elektrolyse in Gegenwart der oktaedrischen Anionen MF6- mit M = As, Sb, Nb und Ta sind die vier isotypen Verbindungen (Te7)(MF6)2 mit dem kettenförmigen Ion Te72+ darstellbar. Die Verbindung mit dem Arsenation stellt zudem einen schmalbandigen Halbleiter mit einer Bandlücke von 0,91 eV dar. Die Elektrolysen mit weiteren komplexen Fluoriden scheiterten an der Tatsache, dass die Anionen aufgrund geringerer Lewis-Acidität der korrespondierenden binären Fluoride unter Dissoziation freie Fluoridionen bilden und somit Tellurpolykationen nicht ausreichend zu stabilisieren vermögen. Auch viele fluorierte Sulfonate, Sulfonimide und Sulfonylmethanide koordinieren nur schwach, um in Elektrolysen Polykationen zu erzeugen. In vielen Fällen konnten Kristalle von zufriedenstellender Qualität erhalten werden, wobei meistens der Te42+-Cluster entstand. In den meisten Fällen, in denen das Polykationsalz in SO2 allerdings unlöslich war, schied sich das Elektrolyseprodukt in wenig kristalliner bis amorpher Form direkt auf der Anodenoberfläche ab.

Durch Einsatz der wesentlich polareren ionischen Flüssigkeiten (IL) konnten Elektrokristallisationen verhindert werden. Auf diese Weise konnte mit der Verbindung(Te6)(OTf)4 das Te64+-Ion erstmals in solvatfreier Form erhalten werden. Weiterhin wurde in der Verbindung (Te8)(NTf2)2 das barrelanstrukturierte Te82+-Ion erstmals strukturell vollständig charakterisiert. Es ist chiral und kann in Form zweier verschiedener Enantiomere auftreten. Bei der Kristallisation war eine spontane Racematspaltung aufgetreten. 125Te-NMR-spektroskopische Messungen an der Lösung zeigten eine einzige breite Resonanz, die auf eine schnelle Bindungsfluktuation im Cluster zurückzuführen ist, wofür auch DFT-Rechnungen sprechen. Durch Elektrolyse in der verdünnten triflimidbasierten IL konnten zudem drei isotype Verbindungen (Te4)(NTf2)2•Solv mit dem Te42+-Ion erhalten werden, in denen die Hohlräume des Kristalls wahlweise mit Solv = SO2, CH2Cl2 oder CHCl3 besetzt sind. Auch die Elektrolysen in SO2 mit extrem schwach koordinierenden Anionen, sogenannten WCA der zweiten Generation, führten in vielen Fällen zum Erfolg, eine Kristallisation konnte jedoch in nahezu keinem Fall erzielt werden.

Es konnte damit gezeigt werden, dass die elektrochemische Darstellung von Tellurpolykationen in flüssigem Schwefeldioxid und ionischen Flüssigkeiten möglich ist. Polykationische Cluster des Tellurs mit fluorierten Sulfonylanionen sind insofern ein Novum, als dass bisher keine Synthesemöglichkeit existierte, solche Anionen in diese Verbindungsklasse einzuführen. Die elektrochemische Darstellung eröffnete somit vollkommen neue Wege.


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