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29.03.2024
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Multifrequenz-EPR- und ENDOR-Spektroskopie am S2-Zustand des Mangankomplexes im Photosystem II

Pudollek, Susanne - Freie Universität Berlin (2012)


Pflanzen, Grünalgen und Cyanobakterien nutzen die oxygene Photosynthese, um Lichtenergie in chemische Energie umzuwandeln. Der dabei aus Wasser freigesetzte Sauerstoff bildet die Grundlage des tierischen und menschlichen Lebens. Die katalytische Wasserspaltung findet im Photosystem II (PSII), einem großen Proteinkomplex, in einer zyklischen Reaktion statt. Das Zentrum der katalytischen Aktivität ist der wasseroxidierende Komplex (WOC), ein Metallkomplex aus vier Manganionen und einem Kalziumion. Der eigentliche Reaktionsmechanismus ist bisher nicht verstanden. Für die Entwicklung von Modellen ist eine genaue Kenntnis der Struktur und der Eigenschaften des WOC in den einzelnen Schritten des Zyklus unerläßlich.

Elektron-Paramagnetische-Resonanz (EPR) und verwandte Methoden nutzen die Wechselwirkung ungepaarter Elektronen mit einem Magnetfeld. Über die Messung der Energieaufspaltung der Spinzustände kann man Informationen über die Eigenschaften des paramagnetischen Zentrums und seiner unmittelbaren Umgebung gewinnen. Damit eignet sich diese Methode ideal zur selektiven Untersuchung des WOC im PSII im paramagnetischen S2-Zustand.

Zunächst wurden Vorteile und Möglichkeiten von Multifrequenz-EPR- und -ENDOR-Methoden an einem zweikernigen Mn-Modellsystem, Mn-Katalase, demonstriert. Dabei wurden Eigenschaften und magnetische Parameter mehrkerniger Mn-Komplexe untersucht.

Diese Methoden wurden dann auf den S2-Zustand des WOC in nativem PSII aus dem CyanobakteriumThermosynechococcuselongatus und in Sr-Medium gewachsenes PSII aus Thermosynechococcus elongatus übertragen. Dabei stellt Strontium den einzigen bekannten funktionalen Ersatz für Kalzium dar. Der S2-Zustand in PSII-Sr zeigt veränderte EPR- und ENDOR-Spektren im Vergleich zum nativen PSII, ist bisher aber nur unzureichend spektroskopisch charakterisiert. Mit Multifrequenz-EPR- und -ENDOR-Untersuchungen in Lösung konnten die magnetischen Parameter beider Systeme bestimmt werden. Mittels Q-Band-EPR und -55Mn-ENDOR-Spektroskopie am PSII-Einkristall konnten neben den Hauptwerten der 55Mn-Hyperfeinkopplungen auch deren Orientierungen im Kristallsystem bestimmt werden.

Durch die Übertragung von Strukturmotiven der zweikernigen Modellkomplexe auf den WOC konnte eine Korrelation zwischen magnetischen Parametern und der geometrischen Struktur gefunden werden. Q-Band-1H-ENDOR-Spektroskopie des S2-Zustands in Lösung und am PSII-Einkristall ermöglichte darüber hinaus die Charakterisierung der an den Mn-Komplex koppelnden Protonen, wobei für die drei größten Kopplungen auch deren Orientierungen im Kristallsystem gefunden wurden. Unter Verwendung theoretischer Strukturmodelle des WOC im S2-Zustand wurde eine Zuordnung zwischen Hyperfeinkopplung und geometrischer Position für ausgewählte, den WOC ligandierende, Protonen postuliert.


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