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20.04.2024
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Entwicklung einer mehrstufigen Analysemethode zur Identifizierung potentieller Biomarker für die Alzheimer Demenz im Blut

Müller, Katharina - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (2010)


Ein wichtiges Ziel aktueller Forschungsaktivitäten im Bereich der Alzheimer Demenz (AD) ist die Suche nach geeigneten Biomarkern für die neurochemische Diagnostik, um die Früh- und Differentialdiagnose von Morbus Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen zu unterstützen.

Gegenwärtig sind nur im Liquor Cerebrospinalis Biomarker für AD gut belegt. Ein Umstand der die praktische Anwendung im Klinikalltag erschwert, da die notwendige Lumbalpunktion einen massiven, invasiven Eingriff darstellt. Wünschenswert wäre ein valider Bluttest. Für die Ermittlung neuer Biomarker im Blut könnte eine innovative Kombination modernster proteomischer Techniken gute Dienste leisten.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine mehrstufige Analysemethode zur Identifizierung neuer potentieller Biomarker der Alzheimer'schen Erkrankung im Blut erfolgreich etabliert.

Der Ansatz umfasste die sequenzielle Kombination von Affinitätschromatographie zur Reduktion der prominenten Plasmaproteine, Anionenaustausch-Chromatographie, Umkehrphasenchromatographie, 2D-DIGE und schließlich Elektrospray-Ionisation-Massenspektrometrie (ESI-MS). Die 2D-DIGE-Technik (Differentielle Gelelektrophorese, two-dimensional fluorescence differences in gel electrophoresis) ist eine Weiterentwicklung der 2D-Gelelektrophorese und dient der Feststellung von geringen Unterschieden der Proteinexpressionsprofile zwischen zwei zu vergleichenden Proben auf nur einem 2D-Gel.

Verglichen wurden die vereinigten Plasmaproben von sieben Patienten mit der Diagnose Alzheimer mit denen von sieben Patienten, die nicht an Morbus Alzheimer, sondern an anderen Demenzen litten. Zunächst wurden aus diesen Proben durch Affinitätschromatographie 12 hochkonzentrierte Blutproteine entfernt, die diagnostisch vermutlich keine Rolle spielen, aber den Nachweis von niedrigkonzentrierten Proteinen und Peptiden erschweren. Nach der Abreicherung wurden die verbliebenen Proteine aus den beiden diagnostischen Gruppen mit unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoffen markiert. Anschließend wurden die markierten Proben gemischt und im gleichen Ansatz mit Anionenaustausch- und Umkehrphasenchromatographie fraktioniert.

Eine 3-Stufen-Elution lieferte Fraktionen mit annähernd gleichen Proteinkonzentrationen und erwies sich bei der Anionenaustausch-Chromatographie als optimal. Diese drei Fraktionen wurden separat auf eine Umkehrphasenchromatographiesäule injiziert und mit jeweils individuell angepassten 3-stufigen Elutionen aufgetrennt.

Jede der neun Fraktionen aus der Umkehrphasenchromatographie wurde mit einer hochauflösenden 2D-DIGE (25,5 x 20,5 cm) analysiert. Für die Auftrennung in der zweiten Geldimension wurden 2-Stufen-Tris-Bicin-Polyacrylamidgele verwendet. Nach siebenfacher technischer Wiederholung des Experiments mit den gleichen Patientenproben konnten insgesamt sechzehn Proteinspots detektiert werden, deren relative Häufigkeit sich zwischen den vereinigten Alzheimer und nicht-Alzheimer Plasmaproben um mindestens den Faktor 2,0 und statistisch signifikant unterschied. Fünf Proteine davon wurden in den sieben Experimentwiederholungen zu 71-86 % detektiert.

Die Identität von neun der unterschiedlich exprimierten Proteine konnte mittels ESI-MS und anschließender Auswertung der Peptidmassen geklärt werden. Bezugnehmend auf eine Literaturrecherche deuten folgende der unterschiedlich regulierten Proteine auf eine potentielle relevante, funktionelle Beteiligung an der Pathophysiologie der Alzheimer Demenz und/oder am beta-Amyloidstoffwechsel hin: Vitronectin Vorläufer, Lipocalin-1 Vorläufer, Hemopexin Vorläufer, ApoH beta Glykoprotein 1 Vorläufer, Komplementfaktor C1S, Komplementfaktor 6 Vorläufer C6, CFH Isoform 1 des Komplementfaktors H sowie die Inhibitoren Serpin G1 Serin/Cystein Protease Inhibitor und Serpin G1 Plasma Protease C1 Inhibitor Vorläufer. Letzterer wurde in einer zweiten MS-Identifizierungsrunde erfolgreich verifiziert.

Die vorliegende Arbeit demonstriert die erfolgreiche Entwicklung und Anwendung eines neuen multi-dimensionalen Trennverfahrens, das zur quantitativen, differentiellen Proteomanalyse von Blutproben eingesetzt werden kann, um gegebenenfalls auf diese Weise in der Zukunft weitere Biomarker auch für andere Krankheiten im Blut zu finden.


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