Analytik NEWS
Das Online-Labormagazin
25.04.2024
Glossar durchsuchen

Linksammlung durchsuchen

Zusammenhänge zwischen Prozessstörungen und der mikrobiellen Biozönose in Biogasanlagen aus der Abfallwirtschaft

Lienen, Tobias - Technische Universität Berlin (2016)


In dieser Doktorarbeit wurden die Zusammenhänge zwischen Prozessstörungen und der mikrobiellen Biozönose in großtechnischen Biogasanlagen aus der Abfallwirtschaft und in Laborversuchen mikrobiologisch und chemisch analysiert und verschiedene Gegenmaßnahmen untersucht.

Unter Einsatz von Calciumoxid als Additiv wurde die Raumbelastung in einem Laborreaktor stufenweise bis auf 9,5 kg oTS m-3 d-1 erhöht und ein Frühwarnindikator gegen Übersäuerung zur Steuerung der Zugabe eingesetzt. Die Zusammensetzung der methanogenen Gemeinschaft blieb unter dem Einfluss höherer Raumbelastungen konstant und gewährleistete eine stabile Biogasproduktion. Genetische Fingerprintanalysen zeigten, dass syntrophe Mikroorganismen aus Wasserstoff-produzierenden Bakterien und Wasserstoff-oxidierenden Archaeen die Gemeinschaft dominierten. Infolge der Calciumoxid-Zugabe bildeten sich Aggregate, die zur Stabilität des Prozesses beitrugen und wahrscheinlich als Mikrohabitat für die Mikroorganismen fungierten.

Ein Ausfall der Rührwerke und die daraus resultierende ungünstige Durchmischung verursachten eine Schwimmschichtbildung sowie eine drohende Übersäuerung in einer großtechnischen Biogasanlage. Infolge des Rührwerksausfalls und der ungleichmäßigen Verteilung des organischen Materials, verstärkten sich lokale Heterogenitäten, Säuren reicherten sich an und die Gasproduktion fiel ab. Die mikrobielle Biozönose veränderte sich durch die ungünstige Durchmischung und passte sich nach der Wiederherstellung der Durchmischung wieder an.

In Verbindung mit der Zugabe von hydrophoben Substanzen wurde das filamentöse Bakterium Microthrix parvicella als Verursacher einer Schaumbildung in einer Mischschlamm und Fett Co-vergärenden großtechnischen Biogasanlage identifiziert. Die Schaumbildung ereignete sich, wenn Fett zugeführt und ein Schwellenwert von 2x108 M. parvicella Genkopien überschritten wurde. Die Erhöhung der Genkopienzahlen im nachgeschalteten Reaktor der Kaskade wies auf anaerobes Wachstum ohne Nitrat hin.

Der Einfluss einer Temperaturerhöhung von 37 °C auf 56 °C auf die Abundanz von Microthrix parvicella und die damit verbundene Bildung einer Schwimmschicht wurde in zwei parallel betriebenen Laborreaktoren untersucht. Die mikrobielle Biozönose passte sich an die Temperaturerhöhung von 1 °C pro Woche an, so dass der Biogasproduktionsprozess stabil ablief. Die Abundanz von M. parvicella verringerte sich bei einer Erhöhung von 37 °C auf 39-41 °C um den Faktor 10. Die Schwimmschicht löste sich bei der Erhöhung von 37 °C auf 56 °C auf.


» Volltext