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28.03.2024
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Experimentelle Bestimmung und Vorhersage des Lösungsmitteleinflusses auf den Gleichgewichtsumsatz und die Kinetik der TAME-Veretherungsreaktion

Liebert, Vincent - Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (2012)


In dieser Arbeit wurde der Einfluss verschiedener inerter Lösungsmittel (n-Pentan, THF, Benzol, Aceton und Cyclohexan) auf die reversibel verlaufende TAME-Synthese und -Spaltung in der flüssigen Phase untersucht.

Im praktischen Teil dieser Arbeit wurde zunächst eine geeignete Apparatur aufgebaut, um die Reaktion zuverlässig in einem diskontinuierlichen Reaktor durchführen zu können. In dieser Apparatur wurde die mit Amberlyst 36 heterogen katalysierte TAME-Veretherungsreaktion untersucht. Mit Hilfe einer zuverlässigen Analysenmethode konnte gezeigt werden, dass die bei der Gleichgewichtsverschiebung ermittelten Gleichgewichtsumsätze, im Falle der Reaktion ohne Lösungsmitteleinfluss, zu reproduzierbaren Ergebnissen, verglichen mit den Literaturwerten, führten. Daher wurde diese Anlagenkonfiguration im weiteren Verlauf verwendet, um alle Reaktionen zur Gleichgewichtseinstellung und zur Gleichgewichtsverschiebung, in Gegenwart der verschiedenen Lösungsmittel bei unterschiedlichen Anfangskonzentrationen, durchzuführen. Da eine homogen katalysierte Reaktion in dieser Apparatur aus technischen Gründen nicht durchgeführt werden konnte, wurde eine weitere Apparatur in Betrieb genommen. In ihr wurde die Gleichgewichtsverschiebung der TAME-Spaltung in Gegenwart einiger ausgewählter Lösungsmittel untersucht. Als Katalysator wurde dabei p-Toluolsulfonsäure (PTSA) verwendet. Es konnte gezeigt werden, dass die Gleichgewichtsumsätze der heterogen und homogen katalysierten Veretherungsreaktionen in Gegenwart derselben Lösungsmittel fast identische Werte lieferten.

Das eigentliche Ziel dieser Arbeit war es, den Lösungsmitteleinfluss auf die TAME-Reaktion zuverlässig vorhersagen zu können. Die Industrie zeigt daran besonderes Interesse, da die richtige Wahl eines Lösungsmittels maßgeblich den Umsatz einer reversiblen Reaktion beeinflussen kann. Um allerdings ein optimales Lösungsmittel auswählen zu können, bei dem der Gleichgewichtsumsatz bei der entsprechenden Temperatur am höchsten ist und bei dem die Reaktion am schnellsten in Richtung des Gleichgewichtszustandes verläuft, müssen die Geschwindigkeit der Reaktion (Kinetik) und die Gleichgewichtsumsätze richtig vorhergesagt werden können. Da gezeigt werden konnte, dass es sich bei der reversibel verlaufenden TAME-Reaktion um ein stark reales System handelt, ist eine ideale Betrachtungsweise nicht ausreichend. Das bedeutet, dass anstelle von Konzentrationen Aktivitäten verwendet werden müssen. Zur Berücksichtigung der Realität werden die benötigten Aktivitätskoeffizienten der an der Reaktion beteiligten Komponenten mit Hilfe dreier verschiedener thermodynamischer Modelle berechnet. Für das Wilson-Modell mussten teilweise systematische VLE-Messungen durchgeführt werden, um die binären Wechselwirkungsparameter, für die in der DDB nicht vorhandenen binären Systeme, anpassen zu können. Die benötigten Gruppenwechselwirkungsparameter der Gruppenbeitragsmethode mod. UNIFAC (Do) waren alle vorhanden und konnten direkt der Konsortiumsmatrix entnommen werden. Im Falle der Gruppenbeitragszustandsgleichung VTPR mussten zum Teil ebenfalls Gruppenwechselwirkungsparameter für die in der VTPR-Matrix nicht vorhandenen aber benötigten Hauptgruppenkombinationen angepasst werden.

Aus den ermittelten Gleichgewichtskonstanten Ka als Funktion der Temperatur konnten, unter Berücksichtigung aller Reaktionen in Gegenwart des jeweiligen Lösungsmittels, die Standardreaktionsenthalpien ΔhºR und die Gibbs'schen Standardreaktionsenthalpien ΔgºR bei 298,15 K in der flüssigen Phase experimentell bestimmt werden. Die so erhaltenen Enthalpien weisen verglichen mit den tabellierten Enthalpien gute Übereinstimmungen auf. Allerdings müssen die tabellierten thermodynamischen Standardgrößen bei 298,15 K im idealen Gaszustand zunächst mit Hilfe verschiedener Gleichungen auf die flüssige Phase umgerechnet werden, um einen Vergleich anstellen zu können. Anhand der Vorzeichen der beiden Enthalpien ist erkennbar, dass die TAME-Synthese exotherm verläuft und dass das Gleichgewicht auf Seiten des Produktes liegt.

Die Beschreibung des Reaktionsverlaufes des in dieser Arbeit untersuchten Reaktionssystems erfolgt unter Berücksichtigung eines adsorptionskinetischen Ansatzes, bei dem nur die polareren Komponenten auf der Katalysatoroberfläche adsorbieren. Um die Kinetik richtig beschreiben zu können, wurde ein modifizierter Eley-Rideal-Mechanismus verwendet, der für die flüssige Phase gültig ist. Unter Verwendung der aufgestellten Geschwindigkeitsgesetze für die an der Reaktion beteiligten Komponenten konnte gezeigt werden, dass, unter Verwendung der beiden thermodynamischen Modelle mod. UNIFAC (Do) und VTPR, zur Berücksichtigung der Realität, durch Anpassung an die experimentell ermittelten Werte eine vergleichbar gute Darstellung des Reaktionsverlaufes resultiert. In Gegenwart von n-Pentan, Benzol und Cyclohexan als Lösungsmittel ist der Einfluss auf die TAME-Spaltung und -Synthese am stärksten. Da die Aktivitätskoeffizienten von Methanol bei diesen Systemen die höchsten Werte aufweisen ist das resultierende Kγ, auf die Synthese von TAME bezogen, kleiner und das entsprechende Kx größer, was zu einer erhöhten Bildung von TAME im Gleichgewicht führt.

Die experimentell ermittelten Gleichgewichtsumsätze der heterogen und homogen durchgeführten Reaktionen in Gegenwart der jeweils verwendeten inerten Lösungsmittel liefern zum größten Teil sehr gute Übereinstimmungen mit den vorhergesagten Ergebnissen des mod. UNIFAC (Do)- und VTPR-Modells. Die Vorhersagequalität dieser beiden thermodynamischen Modelle unterscheidet sich dabei kaum voneinander. Das Wilson-Modell ist in der Regel auch geeignet die experimentellen Gleichgewichtsumsätze richtig zu beschreiben, führt aber zu einer etwas schlechteren Vorhersagequalität verglichen mit den beiden anderen thermodynamischen Modellen, was in der Qualität der Wilson-Parameter begründet liegt. Wird ideales Verhalten (Kγ = 1) angenommen, so können die experimentellen Werte nicht richtig vorhergesagt werden. Für die betrachtete Reaktion sind solche Lösungsmittel am besten geeignet, die zu einer Erhöhung des Aktivitätskoeffizienten von Methanol führen, da dadurch die höchsten Gleichgewichtsumsätze erzielt werden. Bei unterschiedlichen Mengen an Lösungsmittel müssen allerdings Verdünnungseffekte und das Prinzip von Le Chatelier berücksichtigt werden. Für die hier untersuchten Reaktionen führen die Lösungsmittel n-Pentan, Benzol und Cyclohexan zu den höchsten Gleichgewichts-umsätzen. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass n-Pentan nicht als reines Lösungsmittel eingesetzt wird, sondern als C5-Schnitt in dem neben n-Pentan und die für die Reaktion benötigten Isoamylene unter anderem auch Diolefine, wie z.B. Pentadiene und Isopren, vorhanden sind. Die zuletzt genannten Diolefine werden aber in der Regel zuvor abgetrennt oder selektiv zu den gewünschten Alkenen hydriert. In Gegenwart von THF und Aceton sind die Gleichgewichtsumsätze im Vergleich zu den oben aufgeführten Lösungsmitteln geringer, da für diese beiden Lösungsmittel die vorhergesagten Aktivitätskoeffizienten von Methanol kleiner sind als bei den anderen Lösungsmitteln.

Da es möglich ist den Gleichgewichtsumsatz einer beliebigen reversiblen Reaktion durch ein Lösungsmittel zu beeinflussen, ist die Auswahl des "besten" Lösungsmittels ein wichtiger Schritt um den Gleichgewichtsumsatz zu erhöhen und die Kosten einer Chemieanlage zu minimieren, wobei die Kosten des Aufarbeitungsschrittes ebenso berücksichtigt werden müssen [37]. Für die hier untersuchte reversibel verlaufende TAME-Reaktion zeigen die inerten Lösungsmittel n-Pentan, Benzol und Cyclohexan die besten Ergebnisse. Allerdings wird man für diese Reaktion lediglich das n-Pentan, welches im C5-Schnitt zugegen ist, berücksichtigen müssen.

Es konnte gezeigt werden, dass die verwendeten thermodynamischen Modelle mod. UNIFAC (Do) und VTPR, zur Bestimmung der benötigten Aktivitätskoeffizienten, in der Lage sind ein geeignetes Lösungsmittel für diese Reaktion auswählen zu können. Diese beiden thermodynamischen Modelle sollten daher auch in der Lage sein für andere reversibel verlaufende Reaktionen geeignete Lösungsmittel zuverlässig auswählen zu können ohne zuvor aufwendige Messungen durchführen zu müssen.


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