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Nachweis von Legionella pneumophila in Luft und Wasser mittels Antikörper-Mikroarrays

Langer, Veronika - Technische Universität München (2012)


"Legionellen-Alarm: Duschverbot im Olympiadorf", so hieß es Ende Juni 2012 in der Münchner Abendzeitung. Eine Untersuchung des Trinkwassers hatte eine Grenzüberschreitung der Legionellenkonzentration ergeben, und dieses Beispiel ist kein Einzelfall.

Die Überwachung der Legionellenkonzentration hat im öffentlichen Gesundheitswesen zunehmend an Bedeutung gewonnen und zu entscheidenden gesetzlichen Veränderungen geführt. Legionellen sind Bakterien, die ubiquitär in natürlichen und künstlichen Wassersystemen vorkommen. Unter bestimmten Bedingungen (z. B. Wasserstagnation) können sich Legionellen vermehren und Infektionen beim Menschen auslösen. Dabei können zwei Krankheitsbilder auftreten. Zum einen das grippeähnliche Pontiac-Fieber und zum anderen die Legionärskrankheit, eine schwere Form von Lungenentzündung. Die Sterblichkeit bei Auftreten der Legionärskrankheit liegt mit 10 - 15 % relativ hoch. Bezüglich der Infektionsgefahr ist Legionella pneumophila die wichtigste Spezies und wird mit etwa 90 % der Infektionsfälle in Verbindung gebracht. Die Infektion erfolgt durch das Einatmen kontaminierter Aerosole. Quellen für dieses Bioaerosol sind zum Beispiel Kühltürme, Duschwasser oder Klimaanlagen. Gelegentlich kommt es zu Krankheitsausbrüchen in Form einer Epidemie, wobei freigesetzte Legionellen-haltige Aerosole über weite Entfernungen von etwa 10 km übertragen werden können. So auch in der Region Ulm und Neu-Ulm im Winter 2010, dem bisher größten Ausbruch in Deutschland. 65 Personen in dieser Region erkrankten an einer Infektion von L. pneumophila, 5 der erkrankten Personen verstarben. Als Infektionsquelle wurde ein Kühlturm einer Klimaanlage im Zentrum von Ulm identifiziert, durch welchen die kontaminierten Aerosole freigesetzt wurden. Die meisten Fälle treten jedoch als sporadische Einzelinfektionen auf. In Deutschland werden jährlich rund 500 Fälle der Legionärskrankheit gemeldet, wobei das private Umfeld den größten Anteil der Infektionsquellen darstellt.

Diese Beispiele verdeutlichen die Wichtigkeit einer regelmäßigen Überwachung der Legionellenkonzentration in wasserführenden Systemen. Im technischen Regelwerk für raumlufttechnische Anlagen sind Richtwerte von < 10.000 koloniebildende Einheiten pro mL (Gesamtkeimzahl) und < 1000 Legionella spp. pro 100 mL bezüglich Umlaufwasser in offenen Rückkühlwerken festgelegt, deren Einhaltung regelmäßig zu überprüfen ist. 2011 wurde die Untersuchung bezüglich Legionellen in die Trinkwasserverordnung eingeführt. In der Neuerung der Trinkwasserverordnung wird ein technischer Maßnahmenwert von 100 Legionella spp. pro 100 mL Trinkwasser vorgeschrieben. Die Einhaltung dieses Wertes muss regelmäßig überprüft werden. Jeder Betreiber einer Trinkwasserinstallation, der Wasser für die Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, ist verpflichtet eine jährliche Untersuchung des Wassers bezüglich Legionellen durchzuführen, falls der Trinkwasserspeicher größer als 400 L ist. Wie das genannte Beispiel der Legionellen im Olympiadorf zeigt, können auf diese Weise erhöhte Legionellenkonzentrationen frühzeitig erkannt und so das Auftreten von Erkrankungen verhindert werden. Aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen, regelmäßigen Wasseruntersuchungen verschiedener wasserführender Systeme ergibt sich ein großer Bedarf an Methoden, um die zahlreichen Proben bezüglich der Legionellenkonzentration zu untersuchen. Aufgrund des Übertragungsweges ist aber auch die Analyse von freigesetzten Aerosolen von Interesse. Zum Nachweis von Legionellen stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Die derzeitige Standardmethode, Koloniezahlbestimmung in Selektivmedien, ist zwar sensitiv, jedoch auch arbeits- und zeitintensiv. Wünschenswert wäre ein schnelles, sensitives und insbesondere Multianalyt-fähiges Verfahren. Hinsichtlich dieser Anforderungen stellt die Mikroarray-Technologie ein vielversprechendes Verfahren dar, da sie einen schnellen und parallelen Nachweis verschiedener Analyten mit geringem Zeitaufwand ermöglicht.

Das Ziel dieser Arbeit bestand in der Entwicklung eines Antikörper-Mikroarrays zum parallelen Nachweis der 15 Serogruppen von L. pneumophila. Serogruppe 1 wird als wichtigste Serogruppe von L. pneumophila beschrieben, welche mit 80 % für den Hauptanteil der Erkrankungsfälle in Nordamerika und Europa identifiziert wurde. Dieser Wert ist aber vermutlich deutlich zu hoch geschätzt. Vor allem das am häufigsten eingesetzte Diagnoseverfahren, der Urin-Antigennachweis, erreicht nur für Serogruppe 1 eine ausreichende Sensitivität. Somit besteht bei der Diagnose oft nicht die Möglichkeit weitere Serogruppen nachzuweisen. Dies ist problematisch, da andere Serogruppen ebenfalls eine beträchtliche Anzahl an Fällen verursachen und es so zu einer Unterbestimmung kommt. In Dänemark und Kanada zeigten Studien unter Verwendung des Kulturnachweises, dass etwa 40 % der Erkrankungsfälle von Legionärskrankheit auf die anderen Serogruppen von L. pneumophila zurückzuführen sind. Die am weitesten verbreiteten Serogruppen von L. pneumophila sind Serogruppe 1, 3 und 6 bezogen auf Erkrankungen in Europa. Für die Diagnostik sind deshalb schnelle Methoden zum Nachweis verschiedener Serogruppen von besonderem Interesse. Durch eine Serogruppen-spezifische Messung von Umweltproben könnten außerdem wichtige Informationen für epidemiologische Studien, besonders zur Rückverfolgung von Infektionsquellen, gewonnen werden. Ein Multiplex-Mikroarray könnte eine Möglichkeit hierfür darstellen.

Das Prinzip des eingesetzten Mikroarray-Nachweises basierte auf einem Sandwich-ELISA, der auf eine am Institut etablierte Mikroarray-Plattform mittels Durchfluss-Auslesesystem übertragen wurde. Antikörper gegen L. pneumophila dienten dabei als Fängermoleküle, die auf einer Polyethylenglykol-modifizierten Glasoberfläche immobilisiert wurden. Der Einsatz eines Biotin-markierten Detektionsantikörpers ermöglichte die Ausbildung eines Sandwich-Immunoassays an den Stellen, wo Bakterien auf dem Mikroarray gebunden worden sind. Die Signalerzeugung erfolgte unter Verwendung eines Streptavidin-Peroxidase-Konjugats. Die Photonen einer Peroxidase-katalysierten Chemilumineszenz-reaktion von Luminol und H2O2 wurden mit einer CCD-Kamera aufgezeichnet. Das sich ergebende Signal ist proportional zur Konzentration der gebundenen Bakterien.

Für das gegebene Nachweissystem sollte die Detektion von L. pneumophila in Wasser- und in Bioaerosolproben etabliert werden. Die erste Aufgabe diesbezüglich bestand in der Optimierung der Messbedingungen, um eine möglichst hohe Nachweisstärke des Assays für die Detektion von Bakterien zu erreichen. Für die Messungen wurde ein lebender, nicht-pathogener E. coli-Stamm als Modellorganismus verwendet. Im Anschluss daran wurde das optimierte Messprogramm für inaktivierte L. pneumophila getestet und charakterisiert. Da für L. pneumophila Serogruppe 1 eine Vielzahl an Antikörpern kommerziell erhältlich war, sollte zunächst ein Assay für diese Serogruppe entwickelt und charakterisiert werden. Hierzu wurden sowohl monoklonale als auch polyklonale Antikörper getestet und die vielversprechendsten Antikörper für nachfolgende Messungen ausgewählt. Anhand der Messung von L. pneumophila Serogruppe 1 sollte der Mikroarray-Immunoassay für die Messung von Wasser- und Bioaerosolproben untersucht werden.

Für die Analyse von Wasser liegt die Nachweisgrenze immunologischer Verfahren, so auch des Mikroarray-Immunoassays, oberhalb geforderter Grenzwerte, weshalb diese mit vorgeschalteten Anreicherungstechniken kombiniert werden müssen. Im Rahmen eines DFG-geförderten Projekts wurde der Mikroarray-Nachweis in Kombination eines zweistufigen Anreicherungsverfahrens untersucht. Nach einer Cross-Flow-Mikrofiltration folgte in der zweiten Stufe eine Anreicherung mit Hilfe makroporöser Epoxypolymer-basierter monolithischer Affinitätsfiltration.

Für die Bioaerosol-Messungen sollte zunächst die generelle Anwendbarkeit der Mikroarrays untersucht werden. Anschließend sollte die Messung in Kombination verschiedener Bioaerosol-Sammelgeräte bewertet und schließlich für Realproben-Messungen eingesetzt werden, welche in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit durchgeführt wurden. Die letzte Herausforderung bestand in der Erweiterung des Mikroarrays zum Nachweis der 14 weiteren Serogruppen von L. pneumophila. Hier galt es, geeignete Antikörper zu finden. Es sollten sowohl kommerziell erhältliche Antikörper als auch Antikörper von Dr. Lück, einem Kooperationspartner vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der TU Dresden, getestet werden. Zell-Mikroarrays, bei denen die 15 Serogruppen von L. pneumophila immobilisiert waren, stellten eine Möglichkeit dar, die Antikörper direkt bezüglich ihrer Affinität zu charakterisieren. Bei der anschließenden Anwendung im Mikroarray-Sandwich-Immunoassay sollten die relevanten Antikörper schließlich für die Messung der 15 Serogruppen anhand ihrer Selektivität und Sensitivität charakterisiert werden.

Zusammengefasst bestand die endgültige Zielsetzung dieser Arbeit in der Entwicklung und Charakterisierung eines Antikörper-Mikroarrays zum Nachweis der 15 Serogruppen von L. pneumophila in Kombination mit geeigneten Anreicherungstechniken zur Anwendung für Wasser- und Luftproben.


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