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25.04.2024
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CIDNP als Werkzeug zur Untersuchung biologischer Radikalstrukturen

Köchling, Talea - Freie Universität Berlin (2011)


Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Einfluss der Umgebung eines Radikalzentrums auf die gebildete Radikalstruktur, den Reaktionsmechanismus und den Reaktionsweg in Peptiden zu analysieren.

Zur Untersuchung kurzlebiger Radikale bietet die NMR mit dem Effekt der chemisch induzierten, dynamischen Kernspinpolarisation (CIDNP) eine geeignete spektroskopische Methode. Nach dem Durchlaufen einer Radikalpaarreaktion wird dabei das Auftreten eines vom thermischen Gleichgewicht abweichenden Polarisationsmusters und dessen Abhängigkeit von den Radikalparametern der vorliegenden Reaktion ausgenutzt.

Im Rahmen dieser Arbeit konnte das Anwendungsgebiet der CIDNP durch die Einführung einer Methode erweitert werden, mit welcher es (unter sehr allgemein gehaltenen Bedingungen) möglich ist, Hyperfeinkopplungskonstanten der primär gebildeten Radikale zu bestimmen. Auf Grund der Proportionalität des CIDNP-Signals eines Kernes zur Hyperfeinkopplung desselben ist es somit leicht möglich, Verhältnisse von Hyperfeinkopplungen und darüber hinaus bei Kenntnis eines Kopplungswertes des Radikalpartners absolute Kopplungen zu bestimmen. Die theoretischen Überlegungen und methodischen Voraussetzungen dazu werden vorgestellt und experimentell bestätigt. Dabei hat sich herausgestellt, dass Untersuchungen der Zeitabhängigkeit der CIDNP-Signale essentiell sind, um die primäre Radikalpaarreaktion von später einsetzenden Folgereaktionen zu trennen. Durch Kombination dieser Methode mit Messungen der Magnetfeldabhängigkeit des CIDNP-Signals ist es erstmals möglich, Informationen über die magnetischen Parameter (Hyperfeinkopplungskonstanten und g-Faktoren) der an der Primärreaktion beteiligten Radikale allein mittels NMR-Methoden zu ermitteln. Außerdem können durch Analyse der gesamten Zeitabhängigkeit Reaktionswege und Reaktionsraten bestimmt werden.

Hier wird eine systematische Studie vorgestellt, in der freie Aminosäuren und einfache Dipeptide mit Thioethergruppen unter nahezu physiologischen Bedingungen untersucht und miteinander verglichen werden. Dabei werden verschiedene Kombinationen der Residuen Glycin, Methionin und S-Methyl-Cystein verwendet, wobei deren Stellung zueinander (cis- bzw. trans-Konformere) variiert wird. In diesem Zusammenhang ist es einerseits möglich, den Einfluss der Veränderung des Abstandes zwischen Schwefelatom und Aminosäuregruppe bzw. Peptidrückgrat zu ermitteln. Andererseits wird die Auswirkung des Peptidrückgrates und benachbarter Residuen auf das beobachtete CIDNP-Signal analysiert.

Trotz des gleichen Reaktionsmechanismus werden unterschiedliche Radikaltypen gebildet, da sich das zunächst entstehende schwefelzentrierte Kationradikal abhängig von der Umgebung durch Bildung einer "2-Zentren-3-Elektronen"-Bindung mit Hilfe freier Elektronenpaare benachbarter Atome stabilisiert. Die auffälligen Differenzen in den beobachteten Radikalstrukturen und Reaktionsraten werden diskutiert und die Implikationen dieser Ergebnisse für zukünftige Untersuchungen an Peptiden und Proteinen beurteilt.


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