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25.04.2024
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Beitrag zur Kenntnis der Inhaltsstoffe und der Wirkung des Pelargonium sidoides Spezialextraktes EPs® 7630

Janecki, Aneta - Freie Universität Berlin (2013)


Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden sowohl photochemische als auch antiinfektive sowie immunmodulierende Eigenschaften des Spezialextraktes EPs® 7630 untersucht. Zu Vergleichszwecken wurden parallel selbsthergestellte Fraktionen, Reinsubstanzen sowie bereits im Arbeitskreis vorhandene definierte Proanthocyanidinextrakte mitgeführt. Auf diese Weise war es möglich Struktur-Wirkungsbeziehungen abzuleiten.

Phytochemische Ergebnisse: Mit Hilfe von präparativen Trennverfahren, wie der Säulenchromatografie oder der präparativen HPLC, konnten Umckalin, 6,8-Dihydroxy-5,7-dimethoxycumarin, 5-Hydroxy-6,7-dimethoxycumarin-8-sulfat, Catechin/ Epicatechin, Gallocatechin/ Epigallocatechin, Gallocatechin-4α,8-epigallocatechin, Epicatechin-4β,8-epigallocatechin, Gallocatechin-4α,6-gallocatechin sowie Epigallocatechin-4β,8-epicatechin isoliert und mittels spektroskopischen Methoden (MS, NMR) strukturell aufgeklärt werden.Im Focus der Arbeit standen die Proanthocyanidine. Neben der erstmaligen detaillierten Strukturaufklärung von Dimeren aus EPs® 7630, mit Epigallocatechin-4β,8-epicatechin als neuen Naturstoff, konnten massenspektroskopisch oligomere Verbindungen mit bis zu sechs Untereinheiten nachgewiesen werden, die vorwiegend als Prodelphinidine anzusehen sind. Als Reaktionsprodukt nach Säurehydrolyse wurde das pentahydroxylierte Delphinidin, in Einklang mit den Daten aus den Massenspektren, identifiziert. Die spektroskopischen und chemischen Untersuchungen der Proanthocyanidine wurden durch die Bestimmung des Gerbstoffanteils nach der Methode Europäischen Arzneibuch im Extrakt abgerundet (Polyphenolgehalt von ca. 22%).

Ergänzend zu der bekannten Vielzahl an Cumarinen war das Auffinden weiterer ungewöhnlicher Cumarine ein zusätzlicher phytochemischer Aspekt. In diesem Zusammenhang konnte das einzigartige Vorkommen sulfatierter Vertreter erneut belegt und mit 5-Hydroxy-6,7-dimethoxycumarin-8-sulfat und einem Monohydroxy-monomethoxy-cumarinsulfat in einer Mischung Hinweise auf neue Verbindungen in EPs® 7630 erhalten werden. EPs® 7630 bzw. die darin enthaltenen Proanthocyanidine verminderten das Adhäsionsvermögen von A-Streptokokken um bis zu 47% (bei einer Inkubationskonzentration von 30 µg/ml). Dabei war die Trihydroxilierung des B-Ringes der Flavan-3-ol Untereinheiten von entscheidender Bedeutung für die Aktivität, während der Polymerisierungsgrad eine untergeordnete Rolle spielte. EPs® 7630 zeigte eine bemerkenswert hohe inhibitorische Aktivität gegenüber der Neuraminidase (IC50 ca. 1 µg/ml).

Die kommerziell erhältlichen Arzneistoffe Zanamivir (IC50 ca. 18 µg/ml) und Oseltamivircarboxylat (IC50 ca. 54 µg/ml) waren deutlich schwächer aktiv in dem verwendeten in vitro Modell. Das Enzym wurde insbesondere von Proanthocyanidinen gehemmt, die eine Mindestkettenlänge von drei Untereinheiten haben. Ps® 7630 zeigte ausgeprägte immunstimulierende Eigenschaften auf Makrophagen. Durch Inkubation von leishmanieninfizierten Makrophagen mit EPs® 7630 wurde die Erregerlast auf 52% verringert. Die biozide Wirkung korrelierte gut mit der induzierten Bildung von •NO-Radikalen und beruhte somit nicht auf einer direkten toxischen Wirkung gegen Leishmanien, sondern auf der Aktivierung von zytotoxischen Abwehrmechanismen. Makrophagen wurden nach Inkubation mit EPs® 7630 auch zur Sekretion von Zytokinen angeregt. Zwar konnte lediglich TNF-α mittels ELISA im Überstand nachgewiesen werden, nicht jedoch IL-12 und IFN-γ. Die mit EPs® 7630 behandelten nicht infizierten (332 pg/ml) als auch infizierten (432 pg/ml) Makrophagen produzierten im Vergleich zur Positivkontrolle (IFN-γ plus LPS; 225 pg/ml (nicht infizierte Zellen), 462 pg/ml (infizierte Zellen)) hohe Titer TNF-α. Des Weiteren wurde durch die Behandlung EMCV-infizierter IFN-sensitiver L929-Fibroblasten mit den Überständen ein starker Virusschutz in den Zellen induziert. Die Wirkstärke entsprach der von ca. 24 U/ml eines IFN-γ Standards. Diese Hemmung des zytopathischen Effektes wird mit einer Interferonbildung assoziiert, welche unterhalb der Detektionsgrenze liegen musste.

Ergänzend zu bereits vorhandenen Arbeiten zum antioxidativen Potential, wurde EPs® 7630 als Fänger von •NO-Radikalen in einem zellfreien Assay mit SNP als •NO-Donor getestet. Der Extrakt zeigte ein Scavengingpotential mit einem IC50-Wert von ca. 160 µg/ml (Quercetin IC50 ca. 110 µg/ml), das auf den Gehalt von Polyphenolen sowie oligomeren Proanthocyanidinen zurückzuführen ist. Zum einen erwiesen sich polyphenolfreie Extrakte als inaktiv, zum anderen zeigte der Vergleich mit Proanthocyanidinen, dass das Hydroxylierungsmuster am Ring B der Flavan-3-ol Grundbausteinen ein wesentliches Strukturmerkmal darstellte: Prodelphinidine besaßen ein höheres •NO-Radikalfängerpotential als Procyanidine.


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