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20.04.2024
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In-situ-Röntgenuntersuchungen der Sauerstoffpräzipitation in Halbleitersilizium

Grillenberger, Hannes - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (2011)


In der vorliegenden Arbeit ist die Präzipitation von Sauerstoff in Halbleitersilizium bei Temperaturen von bis zu 1000°C mit Röntgenstrahlen in situ untersucht worden. Der hierzu verwendete Laueaufbau im HEXBay-Labor am Lehrstuhl für Kristallographie und Strukturphysik der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg basiert auf polychromatischer und divergenter Röntgenstrahlung und wird im Folgenden als SFD-Aufbau (Strain Field Diffraction) bezeichnet. Dieses Setup unterscheidet sich von den Experimenten an Synchrotronstrahlungsquellen, da diese mit kollimierter Strahlung meist im monochromatischen Modus arbeiten. Die maßgebliche Modifikation des Laueaufbaus während dieser Arbeit besteht in Neukonstruktion und Aufbau eines Hochtemperaturofens in horizontaler Geometrie. Um die experimentell gewonnenen Daten auswerten zu können, ist eine automatisierte Auslese- und Auswertesoftware entwickelt worden. Mit deren Hilfe werden aus den Beugungsbildern die analysierten Parameter der Erhöhung der integralen Intensität (EII) und der relativen Halbwertsbreite (rFWHM) für die drei beobachteten Reflexe (220, -220, 040) gewonnen.

Die Probendicke von 15mm ist in dieser Arbeit gewählt worden, da diese im Bereich des Maximums zwischen einer hohen inkohärenten Beugungsintensität und Absorption der Strahlung liegt und damit zur Empfindlichkeit der Messmethode beiträgt. Außerdem können die Proben nach den In-situ-Röntgenuntersuchungen zu Wafern prozessiert werden, die für die anschließende Charakterisierung mit etablierten Methoden benötigt werden. Diese Charakterisierung beinhaltet Messungen des interstitiellen Sauerstoffgehalts (FT-IR) und die Charakterisierung der Sauerstoffpräzipitaten (BMDs) mit Infrarot-Streulicht-Tomographen (IR-LST) und (TEM).

In dieser Arbeit sind drei Messserien mit insgesamt 21 SFD-Experimenten mit unterschiedlichen thermischen Profilen durchgeführt worden. Die in der ersten Messserie verwendete Heizrampe von 1K/min erzeugt in Silizium eine sehr hohe Dichte von BMDs. Eine wesentlich geringere BMD-Dichte wird mit der steileren Heizrampe von 10K/min in der Messserie 2 erzeugt.

Mit allen Experimenten und den experimentellen Vorarbeiten konnte gezeigt werden, dass Sauerstoffpräzipitation für den Spannungsaufbau im Silizium verantwortlich ist. Außerdem zeigt sich, dass die Spannung um die BMDs während deren Wachstum entsteht und nicht aufgrund von unterschiedlicher thermischer Ausdehnung des BMD und des umgebenden Siliziums während des Abkühlens der Probe. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu [M. Yonemura, et al., J.J.Appl.Phys., 38:3440-3447, 1999], worin ein Spannungsaufbau während des Kühlens vorgeschlagen wird.

Um das Detektionslimit des SFD-Aufbaus mit den etablierten Methoden zu bestimmen, sind zwei Proben jeder Messserie direkt nach dem Einsetzen der starken EII Erhöhung abgekühlt worden, um dadurch das generierte Defektinventar einzufrieren. Für die Messerie 1 liegt das Limit bei einem Durchmesser von 7nm bei einer Dichte von 1013cm-3, für die Messserie 2 bei 40nm bei einer Dichte von 4*108cm-3, bei der dritten Messserie bei 8nm bei einer Dichte von 5*1012cm-3. Bei der zweiten Messserie ist aufgrund eines lokalen Maximums der EII bei 450°C die Detektion von Thermischen Donatoren (TD) wahrscheinlich. Aufgrund des geringen Effekts, der zunächst als thermisch induzierte Verspannung interpretiert worden ist, ist kein Temperaturprofil zu diesem Zeitpunkt abgebrochen worden. Dadurch ist diese Interpretation nicht durch etablierte Messmethoden bestätigt. Wenn TDs detektiert werden können, sinkt in allen Messserien das Detektionslimit auf die entsprechende Größe.

Werden die Ergebnisse der Ex-situ-Messungen der mit SFD untersuchten Proben vor dem Hintergrund der etablierten Charakterisierungsmethoden dargestellt wird deutlich, dass die SFD-Ergebnisse in einen Detektionsbereich vordringen, der bisher nur von TEM abgedeckt worden ist, aber auch im IR-LST Bereich sensitiv ist. Im Gegensatz zu diesen beiden Methoden ist die SFD-Methode nicht auf tiefe Temperaturen beschränkt. Dadurch können nicht nur die verifizierten Punkte gemessen werden, sondern auch die zeitliche Entwicklung der Präzipitationsstadien zwischen diesen in situ beobachtet werden. Dies ist bisher für keine Labormethode gezeigt.

Für die erste und dritte Messserie sind Korrelationen der EII mit dem Defektinventar aufgestellt worden. In Serie 1 konnte eine starke lineare Abhängigkeit der EII vom Präzipitatdurchmesser bei konstanter BMD-Dichte gefunden werden. Dass die BMD-Dichte auf das EII-Signal starken Einfluss hat, zeigt insbesondere die Messserie 3, da sich in dieser die BMD-Dichte innerhalb des verwendeten Stabes um eine Größenordnung ändert bei näherungsweise konstantem Durchmesser. Hierbei korreliert die maximale Steigung der EII-Kurve mit der BMD-Dichte.


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