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26.04.2024
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Bleitellurid- und Zinntellurid-basierte Nanokomposite für thermoelektrische Anwendungen

Falkenbach, Oliver - Justus-Liebig-Universität Gießen (2016)


Im Rahmen dieser Arbeit wurden in Kugelmahlsynthesen nanokompositische Pulver auf der Basis von Bleitellurid und Zinntellurid dargestellt. Diese wurden mittels Press- und Sintertechniken zu Kompaktmaterialien verarbeitet, um die thermoelektrischen Parameter messen und zu den strukturellen Eigenschaften in Bezug zu setzen.

Im ternären System Blei-Bismut-Tellur wurden bei der Zugabe von Bismut und BiTe zu Bleitellurid ein nicht-monotoner Verlauf der Gitterkonstanten und eine inhomogene Verteilung des Bismuts in der Matrix festgestellt. Ab einem Gehalt von etwa 5 mol-% Bismut steigt die elektrische Leitfähigkeit sprunghaft an und die Verbindungen gehen von einem halbleitenden in einen metallisch-leitenden Zustand über. Dies kann mit der Ausprägung von Perkolationseffekten assoziiert werden, die bereits im mikrokristallinen Material gefunden wurden. Mit Bismuttellurid variieren die strukturellen wie auch thermoelektrischen Parameter in Abhängigkeit vom Legierungsgrad dagegen linear. Wenn sich das Verhältnis zwischen Kationen und Anionen ändert, kommt es zu einer homogenen Verteilung des Bismuts. Die Messungen des Seebeck-Koeffizienten sowie der elektrischen Leitfähigkeit decken einen großen Temperaturbereich ab und wurden mit verschiedenen Instrumenten durchgeführt, wodurch Verlässlichkeit und Reproduzierbarkeit der Messwerte bewiesen werden konnten.

In dem quaternären Materialsystem Blei-Antimon-Silber-Tellur (Lead-Antimon-Silver-Tellurium, LAST-m), das ein sehr effizientes thermoelektrisches mikrokristallines Material ist, bildet sich auf Grund der Nanostrukturierung mittels Top-Down-Methode eine makroskopische Ausordnung der Minoritätsphase Silber-Antimon-Tellurid. Die elektrische Leitfähigkeit wird drastisch herabsetzt. In diesem Phasengemisch können die thermoelektrischen Eigenschaften nicht kontrolliert eingestellt werden. Somit eignet sich stöchiometrisches LAST-m, das über diesen Syntheseweg hergestellt wurde, nicht als thermoelektrisches Material.

In dem verwandten Materialsystem Bismut-Blei-Silber-Tellur (Bismuth-Lead-Silver-Tellurium, BLST-m), das hier erstmals über Mechanisches Legieren synthetisiert wurde, verändern sich die thermoelektrischen Eigenschaften in Abhängigkeit der Minoritätskomponente Silber-Bismut-Tellurid dagegen systematisch. Im Vergleich zum mikrokristallinen Material, das im Gegensatz zum nanostrukturierten Material bereits untersucht wurde, ist die Wärmeleitfähigkeit deutlich reduziert, da die Einführung zusätzlicher Korngrenzen durch die Nanostrukturierung eine erhöhte Phononenstreuung hervorruft. Diese ist auch eine Folge der kohärent in die Bleitellurid-Matrix eingewachsenen nanoskaligen Präzipitate der Minoritätsphase. Die Nanostrukturierung auf verschiedenen Längenskalen drückt sich in Mobilitätseffekten aus, denn auch die Ladungsträger werden gestreut und ihre Mobilität einschränkt. Dies resultiert in einer erheblich niedrigeren elektrischen Leitfähigkeit, auch bedingt durch eine niedrigere Ladungsträgerkonzentration, was jedoch zu einem erhöhten Seebeck-Koeffizienten führt. Die entdeckten Effekte lassen weiterführende Studien zur Korrelation zwischen Mikrostruktur und Funktion in diesem speziellen Material lohnenswert erscheinen.

Des Weiteren gelang es, die Entwicklung Zinntellurid-basierter Systeme als lohnenswerte Ersatzmaterialien zu bleihaltigen Thermoelektrika voranzutreiben. Durch Nanostrukturieren und Legieren von Zinntellurid mit Silber-Antimon-Tellurid (Tin-Antimony-Silver-Tellurium, TAST-m) bzw. Silber-Bismut-Tellurid (Bismuth-Tin-Silver-Tellurium, BTST-m) konnte die thermoelektrische Effizienz im Vergleich zu Zinntellurid um eine ganze Größenordnung gesteigert werden. Während das erst genannte System bereits im Zentrum intensiver Forschung stand, sind zu Letzterem bislang nur die thermoelektrischen Eigenschaften des mikrokristallinen Materials bekannt gewesen. Strukturell bilden die beiden quaternären Systeme jeweils eine pseudo-binäre Mischkristallreihe. Analog zu verwandten Systemen, die auf Bleitellurid- und Zinntellurid basieren, wurden auch in kugelgemahlenem TAST-m und BTST-m nanoskalige Verzerrungen beobachtet, die durch die jeweilige Minoritätsphase hervorgefunden werden und für die niedrige Wärmeleitfähigkeit verantwortlich sind. Diese Nanostrukturen bilden sich in Zinntellurid erst nach der Kompaktierung der nanoskaligen Pulver im Rahmen der ersten Temperaturbehandlung aus.

Die auf diese Materialien angewandte Top-Down-Methode des Mechanischen Legierens polykristalliner Elementpulver kombiniert deren intrinsische Nanostrukturierung mit der Einführung zusätzlicher Defekte, was die Wärmeleitfähigkeit deutlich reduziert. Mit der Methode des Co-Kugelmahlens wurde eine Alternative eingeführt, mit der sich gleichermaßen nanostrukturierte Kompositmaterialien herstellen lassen.


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