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19.04.2024
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Nachweis und Quantifizierung von Nanopartikeln

Dorn, Marco - Universität Leipzig (2015)


Die Nanotechnologie spielt eine Schlüsselrolle bei der technologischen Entwicklung. Jedoch stellen Nanopartikel ein potentielles Gesundheitsrisiko dar. Durch ihre große Oberfläche zeigen Nanopartikel eine hohe Reaktivität und die geringe Größe trägt zu einer erhöhten Beweglichkeit und Bioverfügbarkeit bei. Beispielsweise können Nanopartikel Entzündungen auslösen oder die Produktion von freien Radikalen fördern. Insbesondere Lungenepithelzellen stellen die wichtigste Barriere zur Aufnahme von industriell relevanten Nanopartikeln im Alltag dar, denn durch ihre geringe Größe können Nanopartikel bis in einzelne Alveolen vordringen und in die Blutbahn gelangen. Aus diesen Gründen ist es notwendig das Risikopotential, was von Nanopartikeln ausgeht zu bewerten. In dieser Dissertation wurden die Metalloxid-Nanopartikel Al2O3, TiO2, Fe2O3, ZnO und CeO2 in einzelnen Lungenzellen erstmals mit Hilfe der Ionenstrahlmikroskopie quantifiziert.

Darüber hinaus erfolgte die Quantifizierung von ausgewählten Metalloxid-Nanopartikeln in gedehnten primären Typ 2 Pneumozyten sowie in den Alveolen des Lungengewebes. Außerdem wurden Gold und Silber als Markierungspartikel eingesetzt, um die Aufnahme der organischen Nanopartikel Graphen zu untersuchen. Die Ionenstrahlmikroskopie ist eine hochempfindliche Methode, welche durch die charakteristische Röntgenstrahlung den zellulären Elementgehalt innerhalb einer Zelle visualisieren kann. Dies ist, je nach Element, bis zu einer unteren Konzentrationsgrenze von 5 - 20 ppm möglich. Die Ionenstrahlmikroskopie erlaubt, im Vergleich zur Elektronenstrahlmikroanalyse, biologische Proben bis zu einer Tiefe von ca. 80 µm zu untersuchen. Durch das zelluläre Rückstreusignal konnte bei Kulturzellen entschieden werden, ob die Nanopartikel internalisiert wurden oder auf der Zelloberfläche assoziiert sind. Da biologische Proben eine relativ geringe Dichte und Dicke aufweisen, ist die Signalausbeute und damit die Messzeit ein limitierender Faktor bei der ionenstrahlanalytischen Quantifizierung des Elementgehalts. Durch das Aufziehen der Probe auf einen Aluminiumrahmen, konnte der Abstand zwischen Röntgendetektor und Probe reduziert werden, was zu einer höheren Signalausbeute führte und damit eine schnellere Analyse der Präparate ermöglichte. Die Art und Weise der Probenpräparation kann einen Einfluss auf den zellulären Elementgehalt haben, indem Ionen aus dem Medium an die Zellaußenseite binden oder durch die Waschlösung ein Verlust von intrazellulär lokalisierten organischen und anorganischen Molekülen entsteht. Durch den Vergleich zwischen einer ionenfreien Polyethylenglycol-Lösung mit dem üblicherweise verwendeten Waschpuffer konnte gezeigt werden, dass sich bei der Verwendung des Waschpuffers der zelluläre Elementgehalt von Kalium, Kalzium und insbesondere Chlor erhöht. Allerdings bleiben Phosphor und Schwefel als wichtige zelluläre Strukturelemente und die biologisch relevanten Spurenelemente Eisen und Zink davon unbeeinflusst. Die ionenstrahlmikroskopische Analyse von Lungengewebe erfordert eine Einbettung der Präparate. Dabei erwies sich DePeX, was als Material routinemäßig zur Einbettung verwendet wird, als ungeeignet, da eine inhomogene Zink-Kontamination vorhanden war, welche eine intrazelluläre Zink-Messung verhinderte. Durch die Entwicklung eines neuen zinkfreien Einbettmaterials auf Limonen-Basis, konnte jetzt auch die Zinkkonzentration in Alveolen gemessen werden. Im biologischen Millieu können Proteine und Ionen auf der Oberfläche der Nanopartikel adsorbieren und dadurch deren Aufnahme in die Zelle beeinflussen. Deshalb wurde die zelluläre Aufnahme in Abhängigkeit der Proteinhülle (Korona) bei in vitro Bedingungen untersucht. Tragen die Partikel eine Korona, ist bei allen untersuchten Metalloxid-Nanopartikeln eine geringere zelluläre Konzentration zu beobachten und gleichzeitig sind weniger Nanopartikel auf der Zelloberfläche adsorbiert.

Die Aufnahme von CeO2 und ZnO wurde näher untersucht, da ZnO als einziger untersuchter Nanopartikel einen deutlichen toxischen Effekt hervorruft und CeO2 durch die hohe Ausbeute des Rückstreusignals und die starke zelluläre Aufnahme zum näheren Studium der Aufnahme besonders geeignet ist. Es wurde beobachtet, dass CeO2 und ZnO im extrazellulären Raum mit Phosphat und Kalzium aus dem Kulturmedium kolokalisiert sind. Da Kalziumphosphat als Transfektionsagenz bekannt ist, kann diese Modifikation der Partikeloberfläche die Aufnahme der Partikel begünstigen. Im Vergleich zu CeO2, ist bei ZnO auf Grund der erhöhten Toxizität keine Sättigung der zellulären Konzentration zu erkennen. Daneben lässt die die Halbierung der zellulären CeO2-Konzentration nach 72 Stunden Applikationszeit darauf schließen, dass die Zellen in der Lage sind die Nanopartikel durch Exozytose wieder abzugeben.

Mit Hilfe von Inhibitoren wurde der Aufnahmemechanismus von CeO2-NP untersucht. Dabei zeigte sich, dass CeO2 Nanopartikel durch Caveolae- bzw. Clathrin-vermittelte Endozytose und Makropinozytose aufgenommen werden. Die Internalisierung von CeO2 und ZnO Nanopartikeln wurde mit Hilfe des zellulären Protonen-Rückstreusignals untersucht. Internalisierte Nanopartikel liefern im Vergleich zu extrazellulär assoziierten Nanopartikeln ein Rückstreusignal bei niedrigeren Energien, da die zurückgestreuten Protonen durch die Passage des Zellmaterials zusätzlich Energie verlieren.

Bei diesen Untersuchungen wurde festgestellt dass, ZnO und CeO2-Nanopartikel ohne Proteinhülle häufiger an der Zelloberfläche lokalisiert sind und zu einer höheren zellulären Konzentration führen. Sowohl im Lungengewebe als auch bei gedehnten primären Typ 2 Pneumozyten und kultivierten Lungenepithelzellen zeigte sich eine sehr inhomogene zelluläre Konzentrationsverteilung der Nanopartikel. Hier liegt die Stärke der Ionenstrahlmikroskopie darin, die Konzentration in einzelnen Zellen bzw. Alveolen erfassen zu können. Dadurch erlaubt es diese Methode, das Risiko abzuschätzen, was durch die Extrembelastung in einzelnen Zellen entstehen könnte. Da Lungengewebe aus Typ I und Typ II Pneumozyten besteht und Makrophagen in das Gewebe einwandern können, ist es in zukünftigen Experimenten notwendig die einzelnen Zelltypen zu markieren, um die Nanopartikel-Aufnahme im Lungengewebe mit den Ergebnissen der Zellkultur besser vergleichen zu können. Durch eine Markierung mit Gold-konjugierten Antikörpern, kann erreicht werden, die einzelnen Zelltypen mittels Ionenstrahlmikroskopie zu identifizieren. Durch verschiedene Applikationsformen bei in vitro und in vivo Untersuchungen ist die Wirkung der Nanopartikel nur schwer vergleichbar.

Aus diesem Grund wurde in dieser Arbeit das Konzept der effektiv wirksamen zellulären Dosis eingeführt. Dieses erlaubt es, der Dosis, welche tatsächlich zellulär oder im Gewebe vorhanden ist, einen toxischen Effekt der Nanopartikel zuzuordnen. Dadurch kann die effektive Dosis als wichtige Größe zum systematischen Vergleich von toxikologischen Studien auf in vitro und in vivo Basis eingesetzt werden. Die Ionenstrahlmikroskopie ist zur Zeit die einzige Methode, welche für die intrazelluläre Quantifizierung von unmarkierten Nanopartikeln auf Einzelzellebene in Frage kommt. Deshalb ist sie als zukünftige Referenzmethode für die Dosimetrie von Nanopartikeln sehr gut geeignet.


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