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17.04.2024
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Chemische, molekularbiologische und biochemische Untersuchungen zur Biosynthese von Mykotoxinen aus Ascomyceten

Wollinsky, Beate - Philipps-Universität Marburg (2014)


Zum besseren Verständnis der biologischen Diversität von Naturstoffen aus verschiedenen Mikroorganismen ist es wichtig, deren Biosynthese aufzuklären. Durch bioinformatische Analysen weiß man, dass in den meisten Fällen die Biosynthesegene aus Mikroorganismen in einem Cluster im Genom liegen. Aufgrund der Strukturen der Naturstoffe ist es demnach möglich, deren Biosynthesegene aufzudecken und zu identifizieren. Nach gelungener Identifikation der Cluster ist es nun möglich die Biosynthese gezielt zu modifizieren und somit neue Substanzen mit vorher festgelegter Struktur mittels chemoenzymatischer Synthese mit rekombinanten Enzymen oder aber auch durch genetische Manipulation in Modelorgansimen zu erhalten.

Im Zuge dieser Arbeit wurde hierfür zunächst das rekombinante Protein FtmPT1 aus der bekannten Biosynthese von Verruculogen in E. coli-M15-Zelle überproduziert und mittels Ni-NTA-Agarose aufgereinigt. Zusätzlich wurden die vier Stereoisomere von cyclo Trp-Pro und cyclo Trp Ala synthetisiert, um sie später zusammen mit sechs weiteren zyklischen Dipeptiden mittels chemoenzymatischer Synthese mit FtmPT1 und DMAPP an Position C-2 zu prenylieren. In Kooperation mit Prof. Kassack aus Düsseldorf wurden die 14 chemoenzymatisch hergestellten Tryprostatin B-Analoga auf ihre Zytotoxizität gegenüber verschiedenen Zelllinien untersucht. Dabei ließ sich feststellen, dass die prenylierten Substanzen, bis auf ein paar Ausnahmen, eine ähnliche zytotoxische Aktivität gegenüber einer Zelllinie aufwiesen, wobei alle prenylierten Diketopiperazine eine deutlich höhere zytotoxische Aktivität als ihre unprenylierten Substrate aufwiesen. Dies deutet darauf hin, dass die Prenyl-Einheit essentiell für die biologische Aktivität ist, die Prolin-Einheit in Tryprostatin B dagegen nicht. Des Weiteren wiesen in den von Prof. Kassack durchgeführten Assays alle vier getesteten Stereoisomere von cyclo-Trp-Pro und cyclo-Trp-Ala ähnliche IC50-Werte gegenüber den getesteten Zelllinien auf. Dies spricht nun dafür, dass die Stereochemie an C-11 und C-14 der Diketopiperazine sowie deren Substituenten ebenfalls keinen großen Einfluss auf die Zytotoxizität nehmen.

Im Zuge der Isolierung der C2-prenylierten Diketopiperazine wurden in den HPLC-Chromatogrammen zusätzliche Produktpeaks entdeckt, welche ebenfalls mittels semipräperativer HPLC isoliert wurden. Die Strukturen wurden anschließend mittels ESI-MS- und NMR-Spektroskopie als reguläre C3- und reguläre N1-prenylierte Produkte identifiziert, wobei L tryptophanhaltige zyklische Dipeptide mit FtmPT1 zu C3β-prenylierten Diketopiperazinen umgesetzt wurden und D-tryptophanhaltige zyklische Dipeptide zu C3α-prenylierten Diketopiperazinen, so dass in beiden Fällen eine syn-cis Konfiguration vorlag. Basierend auf der bekannten FtmPT1 Struktur wurden daraufhin Reaktionsmechanismen postuliert und mittels Zeitabhängigkeitsassays sowie durch Bestimmung von KM-Werten eine voneinander unabhängige Produktbildung bestätigt.

Neben der chemoenzymatischen Produktion der Tryprostatin B-Analoga wurde, ebenfalls mittels semipräperativer HPLC, Fumigaclavin A aus P. commune NRRL2033 isoliert. Durch Aufklärung der Stereochemie mittels NOESY-Spektroskopie als (8R,9S)-Fumigaclavin A konnte Pyroclavin, ebenfalls mit 8R-Konfiguration, als Vorstufe der Biosynthese von Fumigaclavin A identifiziert werden. Durch die Isolierung von Fumitremorgin A aus N. fischeri NRRL181 konnte der letzte Schritt in der Biosynthese von Fumitremorgin A in N. fischeri NRRL181 identifiziert werden. Zusätzlich zu Fumitremorgin A konnten neun weitere Naturstoffe aus N. fischeri NRRL181 isoliert und deren Struktur mittels ESI-MS-und NMR-Spektroskopie aufgeklärt werden. Hierbei handelt es sich unter anderem um Aszonalenin und Acetylaszonalenin, welche von einem bekannten Cluster aus N. fischeri NRRL181 synthetisiert werden. Die Vorstufen 12,13 Dihydroxyfumitremogin C, Fumitremorgin B und Verruculogen in der Biosynthese von Fumitremorgin A wurden ebenfalls isoliert. Neben diesen sechs Indolalkaloiden mit bekannter Biosynthese wurden vier weitere Alkaloide des Fumitremorgin-Typs aus N. fischeri NRRL181 isoliert, deren Biosynthese zu Beginn dieser Arbeit noch nicht aufgeklärt werden konnte. Hierbei handelt es sich um Verruculogen TR-2, Spirotryprostatin A, 6 Methoxyspirotryprostain B und Substanz 15, wobei Spirotryprostatin A und 6 Methoxyspirotryprostain B zum ersten Mal aus N. fischeri NRRL181 isoliert werden konnten und es sich bei Substanz 15 um einen neuen Naturstoff handelt.

Da die Prenyltransferase FtmPT3, anders als erwartet, nicht im Biosynthesecluster von Verruculogen identifiziert wurde, sondern auf einem anderen Chromosom, wurde vermutet, dass die benachbarten Gene von FtmPT3 für die Biosynthese der im Rahmen dieser Arbeit isolierten Verbindungen aus N. fischeri NRRL181 verantwortlich sein könnten. Deswegen wurden drei Gene ausgesucht, welche mittels PCR aus gDNA bzw. cDNA amplifiziert und anschließend in verschiedene Expressionsvektoren (pQE60, pQE70, pHis8, pYES2/NT C) kloniert wurden. Durch heterologe Genexpression in E. coli- bzw. S. cerevisiae-Zellen und Aufreinigung der überproduzierten Proteine konnten verschiedene Enzymassays mit unterschiedlichen Cofaktoren und Substraten durchgeführt werden. Jedoch konnte in keinem der getesteten Assays ein Produktpeak mittels analytischer HPLC detektiert werden. Zusätzlich sollte durch Transformation des Prenyltransferasegenes brePT in den Modelorganismus A. nidulans CaW03, in welchen bereits die NRPS FtmPS ektopisch integriert wurde, eine in vivo Produktion von Deoxybrevianamid E mittels HPLC detektiert werden. Dieser letzte Schritt der biologischen in vivo Synthese von Deoxybrevianamid E konnte jedoch nicht erfolgreich durchgeführt werden.


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