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24.04.2024
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Abtrag und Analyse verzunderter Stahlproben mit Laserstrahlung

Vrenegor, Jens - Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (2012)


Laserstrahlung hat aufgrund ihrer Eigenschaft als berührungslos einsetzbares Werkzeug Einzug in viele industrielle Anwendungen im Bereich der Lasermaterialbearbeitung wie Bohren oder Schneiden von Werkstoffen erhalten. Im Bereich der chemischen Analyse mit Laser-Emissionsspektroskopie (LIBS) werden Laseranlagen z. B. für die Verwechslungsprüfung von Rohrkomponenten routinemäßig eingesetzt. Im Rahmen dieser Arbeit wird eine Brücke geschlagen zwischen definiertem Materialabtrag und chemischer Analyse mit LIBS. Zeitlich und räumlich modulierte Nd:YAG-Laserstrahlung wird eingesetzt, um an verzunderten, niedriglegierten Stahlproben Oberflächenmaterial effektiv abzutragen und gleichzeitig zu analysieren. Mit sogenannten Dreifachpulsbursts konnte der Tiefenabtrag im Vergleich zu Einfachbursts um einen Faktor 6 bei gleicher Gesamtenergie gesteigert werden.

Für mehrere Elemente wurden die erforderlichen Abtragstiefen für eine repräsentative Analyse an der verzunderten Seite der Prozessproben ermittelt. Während einige Elemente in den oberen Probenbereichen analysiert werden können, muss für die Analyse von Kohlenstoff mindestens 200 µm abgetragen werden. Durch den Einsatz von Doppelpulsen konnte die relative Verfahrensstandardabweichung der C-Kalibrierung an der verzunderten Seite der Prozessproben von 55,2 rel.-% ohne vorhergehenden Materialabtrag auf einen Wert von 2,8 rel.-% nach einem etwa 300 µm tiefen Materialabtrag reduziert werden. Erstmals in der Laser-Emissionsspektroskopie werden mit einem 3D-Laserscanner und optimierten Scanstrategien maßgeschneiderte Kratergeometrien erzeugt, die zu geringeren Krateraufwürfen im Vergleich zu örtlich fester Laserbestrahlung führen. Bei der Analyse in der Mitte des erzeugten Kraters werden dadurch Plasma-Kraterrandwechselwirkungen und damit einhergehende verfälschte Plasma-Zusammensetzungen mit Zundermaterial verringert. Für eine adäquate Analyse in einem lasergenerierten Krater sind Aspektverhältnisse kleiner als eins anzustreben.

Bei Kalibriermessungen wurde gezeigt, dass die Nachweisgrenzen für viele Elemente bis zu einer Analysetiefe von 300 µm weniger als 10 µg/g betragen. Mit zunehmender Anzahl ausgewerteter Laserplasmen von bis zu 3000 Laserpulsen pro Probenstelle werden die Nachweisgrenzen signifikant verbessert, für das Element Ti z.B. auf 1 µg/g. Mit Hilfe der sogenannten Curve-of-Growth-Theorie können Rückschlüsse auf das Absorptionsverhalten von Emissionslinien gezogen werden. Anhand der doppeltlogarithmischen Auftragung von Kalibrierfunktionen kann der lineare vom nichtlinearen Bereich mit Selbstabsorption getrennt werden. Durch eine abschnittsweise Kalibrierung kann die analytische Leistungsfähigkeit um einen Faktor von bis zu 3 verbessert werden. Für die Analyse verzunderter Stahlproben wurde eine Kalibriermethode entwickelt, bei der Doppelpulse im ersten Schritt für einen effektiven Zunderabtrag und zur gleichzeitigen Analyse der in der oberen Zunderschicht bereits repräsentativen Elemente verwendet werden. Die im zweiten Schritt auf ein und derselben Probenstelle eingesetzten Einzelpulse führen im Vergleich zu Doppelpulsen zu kleineren Plasmen und damit geringerer Selbstabsorption. Auf diese Weise kann auf den Einsatz mehrerer Elementlinien für die Abdeckung größerer Konzentrationsbereiche verzichtet werden.

Zur Erprobung der Ergebnisse im industriellen Betrieb wurden Vor-Ort-Messungen in einem Stahlwerk und in einem Warmbandwalzwerk durchgeführt. Für die siebenwöchige Erprobung im Stahlwerk wurde eine Laseranlage für den kombinierten Abtrag und die Analyse von verzunderten, niedriglegierten Stahlproben aufgebaut, mit der die Proben automatisch an mehreren Stellen analysiert werden können. Dabei wird die Kalibriermethode gewählt, bei der zunächst mit Doppelpulsen und anschließend mit Einzelpulsen abgetragen und analysiert wird. Während der Testphase wurden die optischen Elemente im Laserstrahlengang nicht gereinigt. Anhand von Referenzierungen und regelmäßiger Rekalibrierungen wurde z.B. für das Element Mn eine relative Verfahrensstandardabweichung von 2,3 rel.-% erreicht. Ein Driftverhalten der Intensitäten kann durch die Verwendung von Referenzlinien, die sich in einem ähnlichen Wellenlängenbereich wie die Analytlinie befinden, deutlich reduziert werden. Dabei erweist sich die Umgebungsgas-Emissionslinie Ar 415,85 nm als am besten geeignet für die Analytlinie Al 394,4 nm. Bei den Vor-Ort-Untersuchungen im Warmbandwalzwerk wurden hinsichtlich einer Verwechslungsprüfung LIBS-Analysen von bis 520°C warmen Stahlcoils durchgeführt. Mit einem speziell für die Analyse an warmen Coils angepassten wassergekühlten Messkopf erfolgten Messungen an sieben verschiedenen Coils. Mit dem Messsystem werden für die Analyse von warmen Coils ähnliche Richtigkeiten wie an erkalteten verzunderten Proben erreicht. Die Messanordnung inkl. des über 5 m langen Lichtwellenleiters wurde für eine hohe UV-Licht-Transmission im Wellenlängenbereich von ca. 190 nm ausgelegt.


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