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29.03.2024
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Toxikologische Relevanz des Vorkommens von Desmethyl-Varianten der Microcystine und des Nodularins in Gewässern und Nahrungsergänzungsmitteln

Ufelmann, Helena - Technische Universität Kaiserlautern (2012)


Microcystine (MCs) und Nodularine (NODs) sind zyklische Hepatotoxine, die wegen ihrer strukturellen Modifikationen eine hohe Diversität aufweisen. Da Cyanobakterien, die diese Toxine produzieren, an vielen Standorten wachsen können, stellt eine Vergiftung durch MCs und NODs weltweit ein ernstes gesundheitliches Problem für Mensch und Tier dar. Die Überwachung von Gewässern erfolgt bislang auf die rechtlich relevanten MCs MC-LR, MC-RR und MC-YR mit Hilfe einer HPLC-UV-Vis-Messmethode gemäß der Norm ISO 20179. Dabei werden aber die ebenfalls vorkommenden MCs, NOD und die entsprechenden Desmethyl-Varianten, über deren Struktur-Wirkungsbeziehung wenig bekannt ist, nicht voneinander getrennt und gemeinsam miterfasst.

Durch diese Arbeit sollte die Auswirkung einer Hemmung von Proteinphosphatasen (PP1 und PP2A), über welche MCs und NODs in vivo und in vitro auf Hepatozyten Einfluss nehmen, in primären Ratten- und Humanhepatozyten untersucht werden. Außerdem sollte der Zusammenhang zwischen chemischer Struktur und toxikologischer Relevanz von MCs und NODs und ihrer Desmethyl-Varianten aufgeklärt werden. Sowohl in primären Ratten- als auch in Humanhepatozyten konnte bestätigt werden, dass nicht nur die rechtlich relevanten MCs MC-LR, MC-RR und MC-YR für eine Überwachung von Lebensmitteln und Gewässern entscheidend sind, sondern alle getesteten MCs und NODs und deren desmethylierten Kongenere ein hohes zytotoxisches Potential aufweisen. Dabei kann aber keine direkte Abhängigkeit einer PP-Inhibierung und Zytotoxizität gesetzt werden. Vielmehr spielt die Toxikokinetik wie die Aufnahme der Toxine über spezifische Transporter (OATP) in die Leber und die Entgiftung über den Glutathion-Detoxifizierungsweg eine wichtige Rolle. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass die zytotoxische Wirkung auf primäre humane Hepatozyten um ein Vielfaches geringer war als auf primäre Rattenhepatozyten, weshalb von einer Speziesabhängigkeit gesprochen werden kann. Weiterhin wird durch diese Arbeit belegt, dass die MC- und NOD-vermittelte PP-Hemmung zeit- und konzentrationsabhängig sowohl Apoptosen auslöst und als auch in der Lage ist Apoptosemarker wie Bax und Bcl-xL zu beeinflussen und die MAPK-Signalkette aktiviert, was mit Zellproliferation in Verbindung steht. Dabei wies NOD eine stärkere Wirkung auf als MC-LR. Der ebenfalls untersuchte Akt-Signalweg zeigte interessanterweise keine Veränderung in der Kaskade, was auf eine mögliche Gegenregulation zurückgeführt werden kann. Die in vitro Daten weisen darauf hin, dass die Exposition mit hohen Konzentrationen an MCs und NODs in vivo akut starke Leberschäden bis hin zum Tod verursachen. Geringere Konzentrationen dagegen bei einer Langzeitexposition mit kontaminiertem Wasser, Nahrungsergänzungsmitteln und Lebensmitteln MAPK-vermittelt tumorpromovierend und kanzerogen wirken können.


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