Analytik NEWS
Das Online-Labormagazin
29.03.2024
Glossar durchsuchen

Linksammlung durchsuchen

Nachweis langlebiger, photoaktivierter Zustände in organischen Festkörpern mit Hilfe der Fluoreszenz- und der Mehrfarben-Photoelektronen-Spektroskopie bei verschiedenen Temperaturen

Schulz, Karsten - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (2015)


In dieser Dissertation wurde eine Fülle von Experimenten anhand von verschiedenen Molekülen durchgeführt. Verfolgte Ziele innerhalb dieser Arbeit waren nicht nur die Untersuchung der auf Fakten beruhenden langlebigen Zustände innerhalb des EU-Projektes MOLOC, sondern auch die Entwicklung eines neuen mikroskopischen Verständnisses. Dabei wurde eine physikochemische Blickrichtung vom Einzelmolekül herrührend angewandt.

Die Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit haben gezeigt, dass strukturelle Effekte in organischen Nanoschichten und Kristallen von erheblicher Bedeutung für die Energetik und Photophysik im Festkörper sind. Diese werden durch intermolekulare Orientierung der Moleküle (in Form von H- und J-Aggregaten) zueinander und deren abstandsbedingte Kopplungsstärke beeinflusst. Für die Variation des Abstands wurden im Besonderen permethylierte Molekülvarianten zur Herbeiführung einer Molekülvereinzelung ausgewählt. Zudem wurden zum direkten Vergleich auch die unsubstituierten Derivate herangezogen. In dieser Arbeit sind das die Molekülpaare γ-Chinacridon und Dimethylchinacridon sowie das α-6T und das α,ω-Dihexylsexithiophen. Durch die Abstandshalter konnten die intermolekularen Wechselwirkungen deutlich abgeschwächt werden, was sich anhand des direkten Vergleichs von UV/VIS-Spektren an Lösungen und Festkörpern zeigen lies. Die unterschiedlichen Auswirkungen der Aggregatbildung wurden hierdurch eindeutig nachgewiesen.

Auch anhand der Lebensdauer angeregter Zustände der verschiedenen untersuchten Molekülfestkörper wurde die starke Strukturabhängigkeit untermauert. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die energetischen Eigenschaften des Einzelmoleküls im Festkörper dramatisch verändert sind. Beispielsweise kommen Effekte wie der charge-resonance oder der charge-transfer hinzu. Eine zusätzliche Komplexität bewirken auch exzitonische Aufspaltungen. Durch diese zusätzliche Komplexität im Festkörper geht die im Einzelmolekül beobachtete Langlebigkeit im Einzelmolekül verloren, welche z. B. für OLED's oder für die molekulare Logik erwünscht ist. Um den Festkörper für diese Anwendungen zu optimieren, stellt sich daher die Frage, wie viel Vereinzelung der Moleküle im Festkörper benötigt wird. Um diverse Prozesse wie den intermolekularen charge-transfer oder den charge-resonance-Effekt ausschließen zu können, empfiehlt sich an dieser Stelle, weitere Untersuchungen an systematisch synthetisierten Molekülen, deren Seitenketten eine größere Distanz zu Nachbarmolekülen im Festkörper erzwingen, durchzuführen.

Diese Zielsetzung könnte mithilfe eines vollständig permethylierten Chinacridon realisiert werden. Mit größer werdendem Abstand der π-Systeme zueinander lässt sich beispielsweise der charge-resonance-Effekt weiter reduzieren. Für die Festkörperenergetik ergibt sich hierdurch eine veränderte Temperaturabhängigkeit. Ist bei tiefen Temperaturen und einem völlig unterbundenen charge-resonance-Effekt noch eine Leitfähigkeit vorhanden, bleibt nur noch die Polarisation für die Solvatation der Ladung übrig. Somit lassen sich Messungen auch bei recht tiefen Temperaturen durchführen. Weiterhin ist es im Rahmen des EU-Projekts MOLOC gelungen, langlebige angeregte elektronische Zustände in organischen Nanoschichten und- kristallen nachzuweisen und für die molekulare Logik zu nutzen.

Neben dem ursprünglichen Ziel, langlebige Triplettzustände nachzuweisen und zu nutzen, konnten im Vergleich zu den Lebensdauern angeregter Zustände im Lösungsmittel auch relativ langlebige Singulettzustände beobachtet werden. Vor dem Hintergrund, dass von der Mehrzahl der Forschungsgruppen über kurzlebige Zustände im organischen Festköper berichtet wird, ist es erforderlich, die Ergebnisse dieser Forschungsgruppen kritisch zu hinterfragen. Dabei wird nämlich deutlich, dass die Arbeitsergebnisse dieser Dissertation nicht im Widerspruch zu den Messergebnissen der anderen Forscher stehen. Während die anderen Forscher - so die Auffassung des Autors vorliegender Arbeit - die reine Exzitonendynamik nachwiesen, werden die in dieser Arbeit ermittelten langen Zerfallszeiten angeregter Zustände den Exzitonen in den Störstellenfallen zugesprochen.


» Volltext