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19.04.2024
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Untersuchung schwingender Mikrostrukturen mittels dynamischer Rasterelektronenmikroskopie: Experiment und Theorie

Schröter, Maria-Astrid - Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) (2014)


Die vorgelegte Arbeit zeigt die Ausarbeitung und die Überprüfung einer Theorie, mit welcher die Ergebnisse aus einem neu entwickelten Mess-Verfahren (DySEM-Technik) beschrieben werden können.

Mit dem Begriff "DySEM" (Dynamic Scanning Electron Microscopy) wird ein experimentelles Verfahren bezeichnet, bei dem ein Elektronenstrahl als Mess-Sonde über einem mikroskaligen Schwinger verfahren wird, wobei die Schwingung durch eingesetzte Lock-In Technik frequenzaufgelöst dargestellt werden kann. Neben dem klassischen Sekundärelektronen-Signal wird zur Bildgebung auch der Anteil aus dem Signal genutzt, der sich anregungssynchron ändert. Die DySEM-Technik ermöglicht eine direkte Visualisierung der Schwingungsdynamik der oszillierenden Struktur, da zwischen unterschiedlichen Eigenmoden (flexural, torsional) als auch den jeweiligen höheren Harmonischen optisch eindeutig unterschieden werden kann. Damit bietet sich dieses Verfahren als ein Werkzeug der Modal-Analyse mikroskaliger Schwinger an, welche in mikro- bzw. nanoelektromechanischen Systemen (MEMS bzw. NEMS) häufig Verwendung finden und bei denen eine Optimierung der Designparameter oft erst durch die Bildgebung der Schwingung zu erreichen ist. Zusätzlich zeigen die DySEM-Bilder charakteristische Amplituden-abhängige Bildmerkmale, die theoretisch verstanden werden müssen. Prinzipiell ist die DySEM-Technik nicht an den Elektronenstrahl als Mess-Sonde gekoppelt.

Allerdings erweist sich gerade im Zuge fortschreitender Miniaturisierung mit immer kleinskaligeren Schwingern eine elektronenoptische Orts-Auflösung als günstig. Bei der theoretischen Analyse des Abbildungsmechanismus liegt der Fokus auf der Untersuchung der raum-zeitlichen Dynamik der Wechselwirkung zwischen Elektronenstrahl und der periodisch darunter hinweg schwingenden Mikrostruktur, für die erstmals ein umfängliches Modell abgeleitet werden konnte, wodurch die detaillierte Interpretation der experimentellen Ergebnisse möglich wurde.

Zusätzlich spielen lokale Eigenschaften (Materialeigenschaften) des Schwingers eine Rolle. Ebenso müssen die Beiträge von Energieverlustmechanismen zur Bildgebung berücksichtigt werden. Um die bildgebenden Gleichungen explizit ableiten zu können, beschränkt sich die mathematische Analyse in dieser Arbeit auf die Annahme eines frei oszillierenden, einseitig geklemmten Schwingers ohne Wechselwirkung mit Materie, wie es im DySEM-Experiment durch die Bildgebung im Hochvakuum angenähert wird. Die aufgrund dieses Modells simulierten DySEM-Bilder stimmen mit den experimentell gewonnenen Ergebnissen qualitativ und quantitativ gut überein.

Erst das theoretische Modell des bildgebenden Prozesses ermöglicht es, aus dem DySEMVerfahren ein quantitatives Analyse-Instrument zu machen. Ohne ein solches Verständnis des Zusammenhangs zwischen Bild-Kontrast und Interaktions-Geometrie ist eine quantitative Interpretation der DySEM-Bilder kaum möglich. Denn nur wenn die Unterscheidung zwischen der Nichtlinearität von Bildgebung und der Nichtlinearität eines Mess-Signals eindeutig ist, gelingt die Abgrenzung von linearen und nichtlinearen Effekten der mechanischen Schwingung mit Hilfe der DySEM-Technik. Das bedeutet, dass allein der Vergleich des gemessenen Abbildungsprofils des Schwingers mit der Form, welche die lineare Theorie vorhersagt, aussagekräftig ist. Die Analyse der Bildgebung der schwingenden Mikrostruktur mittels Rasterelektronenmikroskopie wird damit in der vorgelegten Arbeit in einer Kombination von Experiment, Theorie und Simulation erreicht.


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