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28.03.2024
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Übergangsmetallkomplexe eines neuen ylid-artigen Silylens

Meltzer, Antje - Technische Universität Berlin (2010)


2006 wurde in unserer Arbeitsgruppe das stabile Silylen 5 entwickelt. Ziel der Arbeit war es, Übergangsmetall-Silylen-Komplexe zu synthetisieren und deren Reaktivität zu untersuchen.

Das Silylen 5 wurde mit verschiedenen Übergangsmetallverbindungen umgesetzt, dabei erwiesen sich halogenhaltige Verbindungen als ungeeignet. Als bevorzugte Methode zur Darstellung von Silylen-Komplexen erwies sich die Substitution. Dieses sechsgliedrige N-heterocyclische Silylen zeigt aufgrund seiner einzigartigen zwitterionischen Struktur eine sehr ungewöhnliche Reaktivität. Neben dem elektronenarmen Siliciumzentrum mit dem freien Elektronenpaar ist v.a. die elektronenreiche CH2-Gruppe im Ligandenrückgrat, die sehr leicht von Elektrophilen angegriffen werden kann, entscheidend für die Reaktivität verantwortlich. Diese fungiert im Silylen auch als Elektronenakzeptor und verringert die Elektronendichte innerhalb des Ringsystems. Dadurch verstärken sich die pi-Akzeptorfähigkeiten des Silylens erheblich. Dies zeigt sich z.B. darin, dass das Silylen 5 in der Lage ist ungewöhnliche und hochreaktive Übergangsmetallfragmente wie Ni0(6-Aren) zu stabilisieren.

Die Silylen-Ni0(6-Aren)-Komplexe 42, 48, 49 und 50 sind thermisch bemerkenswert stabil. In C6D6-Lösung werden die Arenliganden in einer Gleichgewichtsreaktion ausgetauscht, was mittels NMR-Spektroskopie verfolgt werden konnte. Der Silylenligand behält dabei seine ylidartige Struktur und so können die elektronischen Eigenschaften des Liganden durch Addition von B(C6F5)3 an die exocyclische CH2-Gruppe variiert werden, während dieser am Metallzentrum koordiniert bleibt.

Des Weiteren erhält man durch Substitution des 6-Toluolliganden in Verbindung 42 mit CO quantitativ den Silylen-Ni(CO)3-Komplex 56. Auch in diesem Fall behält der Silylenligand seine ylid-artige Struktur und addiert bereitwillig B(C6F5)3 oder ein Proton an die exocyclische CH2-Gruppe. Das freie Elektronenpaar am Siliciumzentrum ist im Komplex 56 durch die Koordination geschützt. Die Aktivierung von kleinen Molekülen mit Element-Wasserstoff-Bindungen wie z.B. H2O, HOTf, H2S oder PH3 gelingt somit über eine charakteristische 1,4-Addition an den Silylenliganden während dieser am Ni-Zentrum koordiniert bleibt. Sogar die Aktivierung von stark basischen Molekülen wie NH3 ist mit dem Silylen 5 als beteiligtem Liganden möglich. Die dabei gebildeten Verbindungen (57, 73, 74, 75, 78 und 79) können der Gruppe der basenstabilisierten Silylen-Komplexe zugeordnet werden. Durch diese Additionsreaktionen lassen sich die σ-Donor-/π-Akzeptoreigenschaften des Si(II)-Liganden über einen sehr weiten Bereich variieren, während dieser an das Metallzentrum gebunden bleibt.

Mittels IR-Spektroskopie lassen sich diese elektronischen Eigenschaften anhand der (CO)A1-Schwingungsfrequenzen sehr gut mit denen von Phosphanen und N-heterocyclischen Carbenen vergleichen. Mit den gewonnenen Kenntnissen über die Reaktivität des Silylenliganden konnte im Folgenden die Komplexität der Verbindungen weiter erhöht werden. Durch Addition von bifunktionellen Liganden mit einer E-H-Bindung (E = O, S, N) wird eine zweite Donorfunktion eingeführt, die für die Koordination an ein zweites Metallzentrum genutzt werden kann. Dies wurde am Beispiel der Addition eines Phosphinoalkohols zum Komplex 88 und anschließender Koordination an ein Rhodiumzentrum gezeigt. Eine weitere Methode zur Darstellung von heterobimetallischen Komplexen wurde durch die Deprotonierung des Hydroxysilylen-Komplexes 57 mit nBuLi zum dimeren Lithiumsilanolat 82 eröffnet.


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