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18.04.2024
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Analytische Sensorsysteme in der Qualitätskontrolle pharmazeutischer Aromastoffe

Kiene, Florian - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (2014)


Aromastoffe werden als Hilfsstoffe in Arzneimitteln eingesetzt, um die Akzeptanz zu steigern und damit den Erfolg der Arzneimitteltherapie zu sichern. Wird ein Aromastoff verwendet, so ist aus regulatorischer Sicht der gustatorische und olfaktorische Sinneseindruck der Arzneiform gemäß der ICH Richtlinie Q8 als kritisches Qualitätsattribut anzusehen und seine Qualität zu bestimmen. Folglich besteht ein erhöhter Bedarf an analytischen Methoden, mit denen die Qualitätsattribute Geschmack und Geruch charakterisiert werden können.

In der vorliegenden Arbeit wurden unterschiedliche Sensorsysteme zur Erfassung gelöster bzw. flüchtiger Verbindungen auf ihre Eignung für die Qualitätskontrolle pharmazeutischer Aromastoffe geprüft. Mit dem Hund als Zielgruppe lag der Fokus auf Fleischaromen, die in Arzneimitteln für Hunde verwendet werden.

Initial wurde das qualifizierte, potentiometrische Sensorsystem SA402B, welches chemometrische Informationen von Lösungen mit artifiziellen Lipidmembranen erfasst, auf seine Eignung hin überprüft. Zur Beurteilung der Qualität der verwendeten Sensoren konnten zwei verschiedene mathematische Modelle entwickelt werden.

Aufgrund einer unvollständigen Löslichkeit der verwendeten Fleischaromen im wässrigen Milieu war eine vollständige Erfassung nicht möglich. Außerdem war eine Übertragbarkeit der erhobenen Daten auf den Geschmackssinn des Hundes fraglich, da wie eine Literaturrecherche zeigte, der Hund die Wahl von fleischiger Nahrung vornehmlich über den Geruchssinn steuert. Somit stellte sich dieses System als ungeeignet zur Analyse der verwendeten Fleischaromen dar, sodass im Weiteren der Fokus auf der Analyse flüchtiger Verbindungen lag.

Fünf Sensorsysteme zur Erfassung flüchtiger Verbindungen wurden hinsichtlich ihrer Eignung für den Einsatz in der pharmazeutischen Qualitätskontrolle von Aromastoffen untersucht und bewertet. Es konnte gezeigt werden, dass der klassische Gaschromatograph gegenüber den übrigen Systemen Vorteile aufwies. Einer davon ist der modularer Aufbau und die damit verbundene hohe Anpassungsfähigkeit an das jeweilige Probenmaterial. Zusätzlich ist eine Beurteilung molekularer Veränderungen möglich, sodass der Informationsgehalt im Gegensatz zu nicht chromatographischen Systemen höher ist.

Mit der Kombination aus Gaschromatograph, Gasphasenprobengeber und Flammenionisationsdetektor konnte erfolgreich eine System zur Erfassung flüchtiger Verbindungen eines Fleischaromas entwickelt werden. Olfaktorisch aktive flüchtigeVerbindungen, die in Fleisch und Fleischprodukten enthalten sind, konnten identifiziert und quantitativ valide bestimmt werden. Anhand von Lagerungsuntersuchungen wurden Veränderungen in Abhängigkeit der Lagerungszeit sowie den vorherrschenden Bedingungen identifiziert und Veränderungen untersuchter Chargen valide beurteilt. Damit konnte erstmalig ein System entwickelt werden, mit dem aus pharmazeutischer Sicht die Stabilität eines Aromastoffs bewertet werden kann.

Ob die mit dem Gaschromatographen erhobenen Daten mit der subjektiven olfaktorischen Empfindung des Hund korrelieren, kann nur mit tierexperimentellen Studien abschließend geklärt werden. Diese Studien konnten aus Gründen der Praktikabilität nicht durchgeführt werden. Um dennoch überprüfen zu können, ob das entwickelte Verfahren auch olfaktorische Unterschiede erfassen kann, wurde als Surrogat die Analyse eines Orangenaromas mit menschlichen Probanden durchgeführt. Mithilfe einer olfaktometrischen Untersuchung konnten charakteristische, geruchsaktive Verbindungen eines natürlichen Orangenaromas identifiziert werden. In Analogie zu dessen quantitativer Zusammensetzung wurden artifizielle Aromen unterschiedlicher Zusammensetzung hergestellt und in Probandenstudien mit dem Original verglichen. So wurde die Hypothese formuliert, dass sechs Verbindungen und ihr anteiliges Verhältnis in dem jeweiligen Aroma für den olfaktorischen Eindruck des Orangenaromas entscheidend sind. Der olfaktorische Sinneseindruck dieses Aromas konnte damit anhand der sechs ausgewählten Verbindungen qualitätsbezogen beschrieben werden. Daher ist anzunehmen, dass das entwickelte analytische Verfahren für die Qualitätskontrolle dieses Aromas geeignet ist.

Mit dem entwickelten System konnte ein anpassungsfähiges analytisches Verfahren entwickelt werden, welches die molekulare flüchtige Zusammensetzung von Aromastoffen erfasst. Anhand ausgewählter Verbindungen konnte der Einfluss der Lagerung und der dabei vorherrschenden Bedingungen auf ein Fleischaroma bestimmt und bewertet werden. Durch Einbeziehung von Informationen aus olfaktorischen Probandenstudien war es möglich, in Bezug auf die olfaktorische Beschaffenheit ein artifizielles Aroma herzustellen, das äquivalent zum natürlichen Produkt war. Damit konnte erstmalig ein analytisches Verfahren vorgestellt werden, welches gemäß den pharmazeutischen regulatorischen Anforderungen olfaktorisch aktive Aromastoffe erfassen kann und welches prinzipiell für deren Qualitätskontrolle einsetzbar ist.


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