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19.04.2024
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Biochemische, biophysikalische und molekularbiologische Charakterisierung bakterieller poly(cis-1,4-isopren) Oxygenasen

Birke, Jakob - Universität Stuttgart (2016)


Das Thema der Arbeit war die Charakterisierung von RoxA (Rubber oxygenase A) aus Xanthomonas sp. 35Y und Lcp (Latex clearing protein) aus Streptomyces sp. K30. Beide Enzyme initiieren den Abbau von poly(cis-1,4-isopren), indem das Polymer in kleinere Fragmente gespalten und den Produkten dabei Aldehyd- sowie Ketogruppen eingefügt werden.

Bei RoxA wurde die Umgebung des N-terminalen Hämzentrums näher untersucht, dem vermuteten aktiven Zentrum, das im "as isolated" Zustand an der distalen Seite ein O2-Molekül bindet. Anhand der dreidimensionalen Struktur wurden hier verschiedene Aminosäurereste ausgewählt und zielgerichtet mutiert. Tryptophan 291 (W291) liegt auf der proximalen Seite des N-terminalen Hämzentrums und interagiert vermutlich mit dem axialen Histidinliganden (H195). Gereinigtes RoxA-W291Y zeigte eine Aktivität von nur 5% gegenüber dem Wildtyp. Der Aktivitätsverlust und die festgestellten veränderten O2-Bindungseigenschaften lassen sich durch eine verringerte Stabilität oder eine veränderte Positionierung von H195 erklären.

Die Aminosäurereste Phenylalanin 301 und 317 (F301 und F317) sind besonders nah und in auffälliger Orientierung zur distalen Seite der N-terminalen Hämgruppe lokalisiert. Eine Substitution der Reste durch andere Aminosäuren führte zu einem Aktivitätsverlust bei den nativ gereinigten Muteinen (von 80% Aktivitätsverlust bei RoxA-F301L bis > 99% bei RoxA-F317Y). Alle Muteine dieser beiden Positionen wiesen veränderte Eigenschaften im UVvis-Spektrum auf, besonders im Bereich der Q-Banden (500 nm - 600 nm), wo im Zustand "as isolated" eine schwächere Absorption als bei RoxA-Wt deutlich wurde. Bei einer Inkubation mit Pyridin, das zu einem Verdrängen des hämgebundenen Sauerstoffs in der Lage ist, zeigte sich bei diesen Muteinen (bis auf RoxA-F301Y) nahezu keine Auswirkung auf das Spektrum. Dies wurde besonders an dem nur schwach ausgeprägten Absorptionssignal bei 549 mm erkennbar, was sie von RoxA-Wt unterscheidet. Die genannten Eigenschaften lassen sich durch eine verminderte O2-Bindungsfähigkeit der Muteine im Vergleich zu RoxA-Wt erklären. In RoxA haben die Aminosäurereste F301 und F317 demnach eine besondere Rolle bei der Bindung und Stabilisierung von molekularem Sauerstoff. Diese Stabilisierung trägt dazu bei, dass RoxA den molekularen Sauerstoff im "as isolated" Zustand über sehr lange Zeit binden kann, ohne oxidativ inaktiviert zu werden. Diese Besonderheit unterscheidet RoxA von anderen hämhaltigen Dioxygenasen wie der Tryptophan-2,3-Dioxygenase (TDO) und der Indolamin-2,3-Dioxygenase (IDO). Ungewöhnliche Merkmale wurden bei zwei untersuchten Muteinen festgestellt. Bei RoxA-F317Y ist das Sauerstoffatom des Tyrosinatrests axial an das N-terminale Eisenatom gekoppelt, wodurch die Sauerstoffbindestelle blockiert ist. Infolgedessen erklärt sich der vollständige Aktivitätsverlust dieses Muteins. RoxA-F301Y interagiert im Gegensatz zu RoxA-F317Y nicht direkt mit dem Eisenatom der Hämgruppe. Das gebundene O2-Molekül wird hier über Wasserstoffbrücken mit der Hydroxylgruppe des Tyrosins stabilisiert. Aus diesem Grund war ein Verdrängen von hämgebundenem O2 mit Imidazol bei diesem Mutein nicht möglich, was es von RoxA-Wt unterscheidet.

Durch die heterologe Expression RoxA-orthologer Proteine aus drei verschiedenen Myxobakterien in Xanthomonas sp. 35Y ΔroxA gelang erstmals eine funktionelle Identifizierung von RoxA in anderen Gram-negativen Bakterien. Gezeigt werden konnte die Aktivität der nativ gereinigten RoxA-orthologen Proteine durch die Klärhofbildung entsprechender rekombinanter Xanthomonas sp. 35Y Stämme auf Latex overlay Agar und einen HPLC-basierten Nachweis des RoxA-Hauptspaltprodukts ODTD. Die UVvis-spektroskopischen Untersuchungen der RoxA-orthologen ergaben vergleichbare Ergebnisse zu RoxA aus Xanthomonas sp. 35Y. Charakteristisch war auch hier die teilweise scheinbare Reduktion nach Inkubation mit Pyridin, die durch das Verdrängen von hämgebundenem Sauerstoff zustande kommt. Im UVvis-Spektrum konnten nach Reduktion mit Dithionit die beiden Hämzentren über die split-α-Bande unterschieden werden, wie es auch bei RoxA aus Xanthomonas sp. 35Y der Fall ist. Ein Unterschied ergab sich bei der Auswirkung von β-Carotin auf die Aktivität, RoxA aus Xanthomonas sp. 35Y wurde hierdurch deutlich weniger inhibiert (55% Aktivität) als RoxA aus Corallococcus coralloides BO35 (10% Aktivität). Dadurch kann eine veränderte Substratspezifität der RoxA-orthologen Proteine im Vergleich zu RoxA aus Xanthomonas sp. 35Y angenommen werden. Die in der hier vorliegenden Arbeit untersuchten Aminosäurereste F301, F317 und W291 sind innerhalb der RoxA-orthologen konserviert und verdeutlichen die Wichtigkeit der Aminosäurereste für diese Enzyme.

Das aus dem Gram-positiven Bakterium Streptomyces sp. K30 stammende Lcp konnte in Xanthomonas sp. 35Y ΔroxA funktionell exprimiert werden, was auf Latex overlay Agar durch den Nachweis der Spaltprodukte mit Schiff's-Reagenz sichtbar gemacht wurde. Eine neu etablierte Zwei-Stufen Reinigung von nativem Lcp erlaubte eine erste Charakterisierung des Enzyms. Das pH-Optimum lag zwischen 7 und 8 in 100 mM Kaliumphosphatpuffer. Detergenzien inhibierten die Aktivität vollständig, Imidazol und Dithiothreitol teilweise. Bis auf Diethyldithiocarbamat hatten andere Chelatbildner keinen inhibitorischen Effekt auf die Aktivität von Lcp. Bei 37°C zeigte sich eine deutlich höhere temperaturabhängige Inaktivierung für Lcp als für RoxA. Die Ausbeute war mit 1,5 mg Lcp pro 12 l Kultur sehr gering, für weitere Untersuchungen wurde daher Lcp N-terminal mit einem Strep-Tag ausgestattet und in E. coli heterolog exprimiert. Die Ausbeute steigerte sich so auf das 40-fache (5 mg/l). Die spezifische Aktivität von Lcp wurde auf Basis des verbrauchten Sauerstoffs im Reaktionsansatz ermittelt (23°C: 1,5 U/mg; 37°C: 4,6 U/mg). Über einen spektroskopischen Test und auch mittels MALDI-TOF Analyse (Matrix-assisted laser desorption/ionization - time of flight) ließ sich Lcp den b-Typ Cytochromen zuordnen. Spektroskopische Untersuchungen mit Imidazol und Kohlenstoffmonoxid offenbarten eine oxidierte und damit sauerstofffreie Hämgruppe (Fe3+), was im Gegensatz zur Hämgruppe des aktiven Zentrums von RoxA steht (Fe2+--O2).


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